Am Gefängnis vorbeigeschrammt
32-Jähriger erhält Bewährungsstrafe
KEMPTEN - Körperverletzung, Bedrohung, Beleidigung, Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen, ein Sexualdelikt. Insgesamt 18 Punkte umfasst das Strafregister des Angeklagten, der sich vor dem Kemptener Landgericht unter anderem wegen Volksverhetzung verantworten musste.
Es ging um eine Berufungsverhandlung. Der Staatsanwaltschaft war eine Erstverurteilung zu fünf Monaten auf Bewährung zu milde ausgefallen. Ihrer Meinung nach hatten die zahlreichen Vorstrafen des Mannes in der Urteilsfindung nicht genügend Beachtung gefunden. Der 32-Jährige hatte im Internet ein Bild mit blutüberströmten Personen und dem Spruch „Refugees not welcome“(Flüchtlinge sind nicht willkommen) weiterverbreitet. Letztlich ging es darum, ob es bei einer Bewährungsstrafe bleibt.
Doch von vorn: Im Frühjahr 2016 wurde in der Wohnung des Angeklagten ein Schlagring gefunden, kurz darauf teilte er besagtes Bild auf Facebook. Es war nicht das erste Mal, dass der Mann durch rechtes Gedankengut auffiel. Bereits mehrfach wurde er wegen der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen angeklagt, zudem war er lange Zeit in der rechten Szene des Allgäus aktiv. Wegen zahlreicher anderer Delikte verbüßte er mehrere Haftstrafen, in sechs Fällen verstieß er gegen seine Bewährungsauflagen.
Dass er im Januar dieses Jahres in erster Instanz mit fünf Monaten auf Bewährung davongekommen war, lag vor allem daran, dass schon das damalige Gericht ihm eine günstige Sozialprognose stellte: Damals hatte er einen Job in Aussicht, zudem hatte seine Freundin vor Kurzem ein gemeinsames Kind auf die Welt gebracht. Derzeit ist sie erneut schwanger.
Eine positive Entwicklung bestätigte auch ein Zeuge, den die Verteidigung am Montag in der Berufungsverhandlung aufrief: Ein Polizist, der sich speziell mit Hetze auseinandersetzt, gab an, der Angeklagte habe sich von der rechten Szene distanziert, sei größtenteils kooperativ und höflich. Dennoch: „Er weiß, was man hören will und sagt dann genau das“, beschreibt er den Angeklagten. Außerdem habe er schon einmal beteuert, der rechten Szene abgeschworen zu haben, was sich als falsch herausstellte.
Auf die positive Entwicklung hob auch der Verteidiger in seinem Plädoyer ab: Es sei entscheidend, was für ein Mensch der Angeklagte heute ist, und zwar ein arbeitender Familienvater, der enger mit den Behörden zusammenarbeitet, als er müsste. Auch sein Strafregister sei in letzter Zeit lichter geworden.
Rückfallquote sei extrem hoch
Die Staatsanwaltschaft sah das anders: Die Rückfallquote sei extrem hoch, die Geschwindigkeit, mit der der Angeklagte die Rechtsverstöße begehe, ebenfalls. Familie und Arbeit hätten ihn schon in der Vergangenheit nicht davon abgehalten, Straftaten zu begehen. Der Mann hat mit zwei anderen Frauen bereits eine Tochter und einen Sohn.
Und selbst wenn er sich jetzt tatsächlich von der rechten Szene losgesagt habe: Seine Vergehen führten einmal quer durchs Strafgesetzbuch und seien nicht ausschließlich rechter Natur gewesen. Die Staatsanwaltschaft forderte acht Monte ohne Bewährung.
Der Richter erhöhte letztlich das Strafmaß von fünf auf sieben Monate und verlängerte die Bewährungszeit von zwei auf drei Jahre. Man wolle die positive Entwicklung des Angeklagten belohnen und nicht mit einem Gefängnisaufenthalt zunichte machen. Durch die Erhöhung der Strafe will er den Angeklagten zum Nachdenken bringen und erhofft sich ein „psychologisches Moment.“