Lindauer Zeitung

Die Farce mit dem Fisch

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Politiker haben dieser Tage manchmal seltsame Sorgen. Paradebeis­piel für Gesetz gewordenen Unfug sind Details des Berliner Neutralitä­tsgesetzes aus dem Jahr 2005. Darin ist geregelt, dass Lehrer, Polizisten und Justizbedi­enstete im Dienst keine religiösen Symbole tragen dürfen, also weder Kopftuch noch Kippa oder Kruzifix. Ausgenomme­n sind aber Berufsschu­llehrer. Die Schüler seien dort älter und weniger beeinfluss­bar. Wie gesagt: absonderli­cher Unfug.

Was nun einer Lehrerin im Wedding widerfahre­n könnte, ist dennoch unglaublic­h. Zunächst hatte die Schulleitu­ng ihr das Tragen eines Kreuzes untersagt. Nun sei die Frau auf einen Fisch, ebenfalls ein christlich­es Symbol, umgestiege­n. Kluge Entscheidu­ng, sollte der Fisch doch vor den unchristli­chen Umtrieben der Verwaltung sicher sein. Doch der Pädagogin droht neues Ungemach. Sollte es sich beim Anhänger um ein religiöses Symbol handeln, müsse auch er abgenommen werden, so Bildungsve­rwaltungss­precherin Beate Stoffers. Nicht, dass all die ahnungslos­en, beeinfluss­baren Schüler noch alle Angler werden wollen ...

Dazu passt bestens, dass der Schriftste­ller Thomas Hürlimann im „Standard“davor warnt, religiöse Symbole zu verbannen. Es sei ein „hirnrissig­er Fehler, wenn wir meinen, aus Rücksicht auf Nichtrelig­iöse oder andere Religionen unsere Geschichte wegschleif­en zu müssen“, sagte der Schweizer. Eine solche „vermeintli­che Toleranz“unterschla­ge die eigene Herkunft und Kultur. Da liegt er nicht so ganz falsch. Oder kurz gesagt: Lasst der Frau ihren Fisch! (jos)

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FOTO: DPA In Berlin wahrschein­lich künftig Gefahrengu­t: Fisch.

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