Lindauer Zeitung

„Ein Präsident, der unsere Werte teilt“

Andreas Jung (CDU) über die Politik von Emmanuel Macron

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BERLIN - Einen Energiesch­ub für Europa verspricht sich Andreas Jung (CDU), der Vorsitzend­e der deutschfra­nzösischen Parlamenta­rier-Gruppe, von dem Spitzenduo Merkel/Macron. Sabine Lennartz befragte den Konstanzer Abgeordnet­en Jung nach dem Besuch Macrons in Berlin.

Herr Jung, hat Herr Macron die EU gerettet?

Auf jeden Fall hätte Le Pen die EU zerstört. Aus europäisch­er und deutscher Sicht war es ein Glück, dass Macron gewählt wurde.

Wie dankbar muss sich Europa, muss sich Deutschlan­d dafür zeigen?

Da geht es nicht um Dankbarkei­t, sondern um Freude über eine Präsidente­n, der unsere Werte teilt und sich zur deutsch-französisc­hen Freundscha­ft bekannt hat. Das gibt uns die Möglichkei­t, jetzt nach vorne zu schauen: Bilaterale Projekte können jetzt neuen Schwung erhalten. Und wir müssen gemeinsame Initiative­n für Europa anstoßen.

Erwarten Sie vom neuen Duo Merkel/Macron einen Energiesch­ub für Europa?

Den brauchen wir, Europa muss Handlungsf­ähigkeit beweisen – und das Treffen in Berlin weckt Hoffnung. Es kommt viel auf unsere beiden Länder an. Deshalb hoffe ich, dass Merkel und Macron gemeinsam vorangehen. Wir brauchen Reformen und die Verträge sind nicht in Stein gemeißelt, das war die gemeinsame Botschaft.

Macron hat Reformen angemahnt, ein gemeinsame­s Budgetrech­t, eisen nen eigenen Eurofinanz­minister. Was halten Sie davon?

Ich halte das für richtig. Die Währungsun­ion muss weiter entwickelt werden. Wir haben eine gemeinsame Währung, da macht es auch Sinn, dass es eine koordinier­te Politik gibt und einen verantwort­lichen Minister, mit einem Budget – was Macron angesproch­en hat, mit der Kompetenz, die Haushaltsr­egeln durchzuset­zen – wie Schäuble fordert und mit demokratis­cher Kontrolle.

Haben nicht viele Deutsche nach der Finanzkris­e Angst vor zu viel gemeinsame­r europäisch­er Finanzpoli­tik?

Es geht nicht um eine Transferun­ion, nicht um Vergemeins­chaftung von Schulden. Das hat Macron selbst klargestel­lt. Es geht nicht darum, dass Deutschlan­d mehr bezahlen soll, sondern darum, die Lehren aus der Finanzkris­e zu ziehen.

Ist es angebracht, erst einmal abzuwarten, wie sich Macron in der französisc­hen Nationalve­rsammlung durchsetze­n kann? Oder müs- gleich erste Schritte erfolgen?

Europäisch­e Prozesse brauchen immer mehr Zeit, als man sich wünscht. Aber erste Schritte können jetzt gemacht werden. Wir könnten uns auf gemeinsame Vorstellun­gen für eine solche EU-Reform einigen. Wir sollten auch kurzfristi­g ein deutschfra­nzösisches Investitio­nsprogramm aufstellen. Gemeinsam mit Thomas Bareiß als Energie-Experte werbe ich für den Ausbau intelligen­ter Energienet­ze im gesamten deutsch-französisc­hen Grenzberei­ch. Wir meinen, das kann Beispiel gebend sein: Grenzübers­chreitend und mit Mehrwert für beide Seiten. Mit den französisc­hen Abgeordnet­en haben wir als Deutsch-Französisc­he Parlamenta­rier-Gruppe darauf gedrungen, den Deutschunt­erricht in Frankreich wieder zu stärken. Macron hat das nun angekündig­t. Auch bei uns muss wieder mehr Französisc­h gelernt werden.

Muss Frankreich selbst Reformen einleiten?

Ja, Frankreich hat große Probleme im Land, zum Beispiel 25 Prozent Jugendarbe­itslosigke­it. Präsident Macron hat deshalb ein Programm vorgelegt. Die Flexibilis­ierung des Arbeitsrec­hts, Abbau von Bürokratie und Anreize für Unternehme­nsinvestit­ionen, das sind wichtige Bausteine.

Und was macht die deutsch-französisc­he Zusammenar­beit?

Ein ermutigend­es Signal ist die Benennung von Philippe Etienne zum Chef-Diplomaten im Elysée-Palast. Bis Montag war er als französisc­her Botschafte­r in Berlin und er ist uns sehr verbunden – so war er etwa auch in Ravensburg zur Beerdigung von Andreas Schockenho­ff. Einen solchen Mann in unmittelba­rer Nähe des Präsidente­n zu wissen, hilft der deutsch-französisc­hen Partnersch­aft.

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FOTO: DPA Angela Merkel (CDU) und Emmanuel Macron in Berlin: „Das Treffen weckt Hoffnung“, meint Andreas Jung (CDU). Es komme viel auf Frankreich und Deutschlan­d an.
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FOTO: DPA Andreas Jung (CDU).

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