„Die Union muss ihre Selbstgefälligkeit beenden“
Wolfgang Kubicki (FDP) über Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen
BERLIN - Wenn Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen funktioniere, könne das eine Blaupause für Berlin sein, sagt Wolfgang Kubicki (Foto: dpa), stellvertretender Vorsitzender der FDP, im Gespräch mit Andreas Herholz, und wirft der Union Selbstgefälligkeit vor.
In Nordrhein-Westfalen stehen die Zeichen eindeutig auf SchwarzGelb. Warum ziert sich die FDP noch etwas?
Nach der Absage der SPD an eine Regierungsbeteiligung ist SchwarzGelb die einzig mögliche Regierungsoption. Dass die Sozialdemokraten jede Regierungsbeteiligung ablehnen, ist unter demokratischen Gesichtspunkten verwerflich. Die CDU hat in Nordrhein-Westfalen in der Schlussphase massiv Wahlkampf gegen die FDP geführt. Eine Regierung mit nur einer Stimme Mehrheit in einem Land wie NRW mit seinen großen Problemen wäre schon eine Herkulesaufgabe und eine immense Herausforderung. Es wird sehr schwierig in Düsseldorf. Aber Herr Laschet und die CDU werden sich daran gewöhnen müssen, dass Koalitionspartner gleich stark sind, weil nur mit beiden gemeinsam eine Mehrheit möglich ist. Das geht dann nur auf Augenhöhe. Das wird die Union lernen müssen und ihre Selbstgefälligkeit beenden. Die CDU hat in Nordrhein-Westfalen kein außergewöhnliches Ergebnis erreicht – gemessen an der Historie ist es das zweitschlechteste. Schwarz-Gelb ist kein Selbstgänger. Ohne vernünftige Politik kann uns eine Regierungsbeteiligung nicht locken. Für die FDP ist Opposition alles andere als Mist. Opposition kann attraktiv sein. Ich warne uns auch dringend vor Überheblichkeit. Wir sollten jetzt nicht abheben. Wir sind selbstbewusst, aber nicht anmaßend.
Für die Union sind sie der natürliche Bündnispartner. Gilt das auch umgekehrt?
Nein, sicher nicht. Die Kanzlerin und die Union sind unsere politischen Konkurrenten. Es gibt keine natürlichen Partner. Das wird keine Liebesheirat. Die CDU hat mit der Dokumentationspflicht beim Mindestlohn den größten Bürokratieaufwand für die Wirtschaft zu verantworten. Wenn Armin Laschet und Angela Merkel wirklich Bürokratieabbau wollen, sollen sie sich dafür einsetzen, diesen Unsinn zu beenden.
Wäre Schwarz-Gelb in NRW eine Blaupause für eine Koalition in Berlin nach der Bundestagswahl?
Wenn Schwarz-Gelb in Düsseldorf funktioniert, könnte das eine Blaupause für Berlin sein. Jamaika in Kiel könnte auch Vorbild für Berlin sein. Die FDP ist aber nicht die Mehrheitsbeschafferin anderer. Wir arbeiten dafür, so stark wie möglich zu werden.
Armin Laschet sagt, dass es mit der FDP beim Thema innere Sicherheit schwierig werde. Sehen Sie dort auch die größten Hürden?
Das größte Sicherheitsversagen haben Kanzlerin Angela Merkel und ihr Innenminister Thomas de Maizière von der CDU zu verantworten. Der IS-Terrorist Amri hätte vom Terrorabwehrzentrum des Bundes ebenso wie von den NRW-Behörden gestoppt werden können. Die FDP ist nicht gegen Videoüberwachung, sie lehnt sie aber flächendeckend ab. Einbrecher bekämpfen sie nicht mit Vorratsdatenspeicherung, sondern mit mehr Personal bei der Polizei.