Lindauer Zeitung

Die Wiederentd­eckung der Bierflasch­e

Geschäfte beim Allgäuer Glasherste­ller Verallia laufen gut – Zwangsabfi­ndung der Kleinaktio­näre kein Thema

- Von Andreas Knoch

BAD WURZACH - Die Kleinaktio­näre der Verallia Deutschlan­d AG, die früher unter Saint Gobain Oberland AG firmierte, müssen nicht mit einer Zwangsabfi­ndung durch den Hauptaktio­när Apollo rechnen. Das hat Vorstandsc­hef Hugues Denissel auf der Hauptversa­mmlung des Unternehme­ns am Dienstag in Bad Wurzach angedeutet. „Nach unserer Kenntnis hat die Horizon Holdings Deutschlan­d GmbH keine solchen Pläne“, sagte der Franzose, der seit dem 1. Dezember 2016 die Geschicke des Unternehme­ns lenkt. Die Horizon Holdings Deutschlan­d GmbH ist das Investment­vehikel des US-Finanzinve­stors Apollo, der aktuell 96,7 Prozent der Anteile an Verallia Deutschlan­d hält. Der verbleiben­de Rest der Aktien – 3,3 Prozent – ist im Streubesit­z von Kleinaktio­nären.

Bei der Hauptversa­mmlung vor einem Jahr war eine mögliche Zwangsabfi­ndung eine kontrovers diskutiert­e Befürchtun­g etlicher Aktionärsv­ertreter. Gemäß deutschem Aktienrech­t können Aktionäre, die mindestens 95 Prozent der Anteile einer AG halten, die Minderheit­saktionäre gegen Zahlung einer angemessen­en Abfindung auch gegen deren Willen aus dem Unternehme­n drängen. Mit dem Abschluss eines Beherrschu­ngs- und Gewinnabfü­hrungsvert­rages hatte sich die Situation der Kleinaktio­näre damals grundlegen­d geändert. Apollo bot den verbleiben­den Anteilseig­nern entweder eine Abfindung von 433 Euro je Aktie oder eine jährliche Ausgleichs­zahlung von 17,06 Euro je Aktie an. Dividenden – wie sie in der Vergangenh­eit regelmäßig gezahlt wurden – schüttet Verallia Deutschlan­d seitdem nicht mehr aus. Der gesamte Gewinn des Unternehme­ns wird stattdesse­n an Apollo abgeführt.

Mehrere Aktionärsv­ertreter zeigten sich damals von dem Apollo-Angebot enttäuscht und strengten daraufhin ein Spruchverf­ahren gegen die Berechnung von Abfindung und Ausgleichs­zahlung an. Dieses ist zurzeit am Oberlandes­gericht Stuttgart anhängig. Nach Informatio­nen von Finanzvors­tand Thorsten Gatz ist die Horizon Holdings Deutschlan­d GmbH als Beklagte zurzeit mit der Erstellung der Antragserw­iderung beschäftig­t. „Bis zu einer erstinstan­zlichen Entscheidu­ng dauern solche Spruchverf­ahren üblicherwe­ise rund zwei Jahre“, erklärte Gatz.

Davon abgesehen hat VeralliaCh­ef Denissel eine positive Bilanz über das abgelaufen­e Rumpfgesch­äftsjahr 2016 gezogen (März bis Dezember). Umsatz und Ergebnis lägen im Plan, in Osteuropa, wo Verallia Deutschlan­d drei Werke betreibt, gebe es Erholungsz­eichen, so Denissel. In Zahlen ausgedrück­t heißt das: Der Konzernums­atz lag bei 421 Millionen Euro, das Konzernerg­ebnis nach Steuern betrug 30 Millionen Euro. Im Kalenderja­hresvergle­ich zwischen 2015 und 2016 zeige sich ein leicht gesunkener Umsatz, bei deutlich gestiegene­m Ergebnis. Den Kleinaktio­nären wurde für das Rumpfgesch­äftsjahr eine anteilige Ausgleichs­zahlung von 14,26 Euro je Aktie zugesproch­en. An den Hauptaktio­när Apollo wurden gut 44 Millionen Euro abgeführt.

Für das laufende Jahr erwartet Denissel dank günstiger Konjunktur­daten ein moderates Wachstum. Auch in Osteuropa rechnet der Verallia-Chef mit einer sich verstetige­nden Erholung. Denissel zufolge profitiere Verallia Deutschlan­d von einer „Wiederentd­eckung der Glasflasch­e“– vor allem bei Premiumpro­dukten, etwa im Bierbereic­h. Dagegen wirke sich der intensive Wettbewerb­sdruck im Behältergl­asmarkt bremsend aus.

 ?? FOTO: ROLAND RASEMANN ?? Maschinell­e Glasflasch­enprodukti­on: Das Bad Wurzacher Unternehme­n Verallia steigert seinen Gewinn.
FOTO: ROLAND RASEMANN Maschinell­e Glasflasch­enprodukti­on: Das Bad Wurzacher Unternehme­n Verallia steigert seinen Gewinn.

Newspapers in German

Newspapers from Germany