Die Wiederentdeckung der Bierflasche
Geschäfte beim Allgäuer Glashersteller Verallia laufen gut – Zwangsabfindung der Kleinaktionäre kein Thema
BAD WURZACH - Die Kleinaktionäre der Verallia Deutschland AG, die früher unter Saint Gobain Oberland AG firmierte, müssen nicht mit einer Zwangsabfindung durch den Hauptaktionär Apollo rechnen. Das hat Vorstandschef Hugues Denissel auf der Hauptversammlung des Unternehmens am Dienstag in Bad Wurzach angedeutet. „Nach unserer Kenntnis hat die Horizon Holdings Deutschland GmbH keine solchen Pläne“, sagte der Franzose, der seit dem 1. Dezember 2016 die Geschicke des Unternehmens lenkt. Die Horizon Holdings Deutschland GmbH ist das Investmentvehikel des US-Finanzinvestors Apollo, der aktuell 96,7 Prozent der Anteile an Verallia Deutschland hält. Der verbleibende Rest der Aktien – 3,3 Prozent – ist im Streubesitz von Kleinaktionären.
Bei der Hauptversammlung vor einem Jahr war eine mögliche Zwangsabfindung eine kontrovers diskutierte Befürchtung etlicher Aktionärsvertreter. Gemäß deutschem Aktienrecht können Aktionäre, die mindestens 95 Prozent der Anteile einer AG halten, die Minderheitsaktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung auch gegen deren Willen aus dem Unternehmen drängen. Mit dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages hatte sich die Situation der Kleinaktionäre damals grundlegend geändert. Apollo bot den verbleibenden Anteilseignern entweder eine Abfindung von 433 Euro je Aktie oder eine jährliche Ausgleichszahlung von 17,06 Euro je Aktie an. Dividenden – wie sie in der Vergangenheit regelmäßig gezahlt wurden – schüttet Verallia Deutschland seitdem nicht mehr aus. Der gesamte Gewinn des Unternehmens wird stattdessen an Apollo abgeführt.
Mehrere Aktionärsvertreter zeigten sich damals von dem Apollo-Angebot enttäuscht und strengten daraufhin ein Spruchverfahren gegen die Berechnung von Abfindung und Ausgleichszahlung an. Dieses ist zurzeit am Oberlandesgericht Stuttgart anhängig. Nach Informationen von Finanzvorstand Thorsten Gatz ist die Horizon Holdings Deutschland GmbH als Beklagte zurzeit mit der Erstellung der Antragserwiderung beschäftigt. „Bis zu einer erstinstanzlichen Entscheidung dauern solche Spruchverfahren üblicherweise rund zwei Jahre“, erklärte Gatz.
Davon abgesehen hat VeralliaChef Denissel eine positive Bilanz über das abgelaufene Rumpfgeschäftsjahr 2016 gezogen (März bis Dezember). Umsatz und Ergebnis lägen im Plan, in Osteuropa, wo Verallia Deutschland drei Werke betreibt, gebe es Erholungszeichen, so Denissel. In Zahlen ausgedrückt heißt das: Der Konzernumsatz lag bei 421 Millionen Euro, das Konzernergebnis nach Steuern betrug 30 Millionen Euro. Im Kalenderjahresvergleich zwischen 2015 und 2016 zeige sich ein leicht gesunkener Umsatz, bei deutlich gestiegenem Ergebnis. Den Kleinaktionären wurde für das Rumpfgeschäftsjahr eine anteilige Ausgleichszahlung von 14,26 Euro je Aktie zugesprochen. An den Hauptaktionär Apollo wurden gut 44 Millionen Euro abgeführt.
Für das laufende Jahr erwartet Denissel dank günstiger Konjunkturdaten ein moderates Wachstum. Auch in Osteuropa rechnet der Verallia-Chef mit einer sich verstetigenden Erholung. Denissel zufolge profitiere Verallia Deutschland von einer „Wiederentdeckung der Glasflasche“– vor allem bei Premiumprodukten, etwa im Bierbereich. Dagegen wirke sich der intensive Wettbewerbsdruck im Behälterglasmarkt bremsend aus.