Bauträger müssen Sozialwohnungen bauen
Stadtrat entscheidet sich einstimmig für die Sozialgerechte Bodennutzung.
LINDAU - Auch Bauträger müssen künftig in Lindau Sozialwohnungen bauen, wenn sie eine Genehmigung für größere Vorhaben wollen. Das hat der Stadtrat am Mittwoch einstimmig beschlossen. Außerdem müssen Bauträger einen Teil des Planungsgewinns dazu verwenden, Folgekosten der Stadt zu tragen.
Wohnungen fehlen in Lindau in allen Preisklassen, vor allem aber gibt es viel zu wenige Wohnungen für Menschen, die von Hartz IV leben müssen oder die nur ein geringes oder mittleres Einkommen haben. Für diese Menschen schafft derzeit nur die GWG Wohnraum, was nicht reicht, um den Mangel zu beheben. Bauträger schöpfen bislang nur die Gewinne ab, die bei teuren Wohnungen deutlich größer sind als im Bereich niedriger Mieten.
Das soll sich ändern. Deshalb hat der Stadtrat nach mehr als einem Jahr Vorarbeiten die Grundsätze der Sozialgerechten Bodennutzung (Sobon) beschlossen. Die neue Satzung verpflichtet jeden Bauträger ein Drittel der Wohnungen zu den Regeln der Sozialwohnungen zu bauen. Die Sobon gilt aber nur Vorhaben mit mehr als Tausend Quadratmeter Wohnfläche auf Grundstücken, für die es vorher kein Baurecht gab. Ausgeschlossen sind Bauten wie jüngst am Aeschacher Markt, weil es dort schon Baurecht gab.
Erste Projekte unter den Regeln der Sobon werden das Cofelygrundstück, die Bebauung des Coca-ColaGrundstücks, aber auch die Vorhaben der GWG auf der Hinteren Insel oder anderswo, für die es noch keine Bebauungspläne gibt. Dort sollen vor allem Mietwohnungen entstehen, auch für Menschen, die sich keine hohen Mieten leisten können. Denkbar sind auch Eigentumswohnungen, die nicht mehr als 2600 Euro pro Quadratmeter kosten. In Siedlungen, die nur für Reihen- oder Einfamilienhäuser geplant sind, ist die Umsetzung in Form eines Einheimischenmodells denkbar.
Zusätzlich müssen Bauträger Folgekosten übernehmen, also Kindergärten bauen, Unterhalt für Grünflächen oder Ausgleichsflächen übernehmen. Schon bisher hat die Stadt Bauträger Planungskosten und Kosten für den Bau von Straßen oder Grünanlagen übernehmen lassen. Für die Pflege musste dann aber der Steuerzahler aufkommen, während die Gewinne komplett bei den Firmen blieben.
Chef-Stadtplaner Christian Herrling erklärte, dass Lindau nach den Erfahrungen von München, Freising und Landsberg bewusst in der Satzung nur die Grundsätze regelt. Die Details müsse man für jedes Vorhaben einzeln festlegen und in einem Vertrag festhalten, den die Bauträger unterschreiben müssen, bevor sie Baurecht bekommen, bevor also der Stadtrat den Bebauungsplan rechtsgültig verabschiedet.
Stadträte sind sich uneinig: Ist das Sozialismus oder nicht?
Karl Schober (CSU), Ulrich Kaiser (BL), Thomas Hummler (CSU), Katrin Dorfmüller (SPD), Roland Freiberg (BU), Martin Schnell (LI) und Ulrich Jöckel (FDP) sprachen sich für die Sobon aus. Das sei das beste Mittel, um den Wohnungsmangel in Lindau möglichst schnell zu beheben. Außerdem trage das dazu bei, dass es in Siedlungen gute Mischungen gibt. Denn es gibt weniger Probleme, wenn Menschen unterschiedlicher sozialer Schichten nebeneinander leben. Jöckel fügte hinzu, dass die Stadt außerdem so schnell wie möglich so viele eigene Grundstücke wie möglich als Bauland zur Verfügung stellen sollte.
Während Schnell sagte, das wirke auf ihn wie „Sozialismus“, widersprach Kaiser, der an die Regeln der Sozialen Marktwirtschaft hierzulande erinnerte, der ein Eingreifen staatlicher Stellen fordert, wenn der Markt etwas nicht regelt: „Es handelt sich eben nicht um Sozialismus.“