Lindauer Zeitung

Talente begeistern bei „Jugend forscht“

Der Erfinderge­ist geht um in Erlangen: Mehr als 100 Projekte vorgestell­t

- Von Bernard Darko

ERLANGEN (dpa) - Elias Stoetzer greift alle zwei Tage zur Spritze. Der Schüler aus Berlin leidet an Hämophilie, einer Erbkrankhe­it, die Blut aus Wunden schlecht gerinnen lässt. Per Spritze verpasst er sich die Stoffe, die seinem Körper für eine normale Gerinnung fehlen. Das Problem: Die Suche nach einer Vene war oft mühsam. Bald regte sich in dem gerade mal zwölf Jahre alten Elias der Erfinderge­ist. Gemeinsam mit seiner Schwester Myrijam und deren Freundin Lucie entwickelt­e er ein Kamerabild-System, das durch Infrarotli­cht die Venen sichtbar macht. Spritzen und Blutentnah­me seien so viel leichter, berichten die drei Nachwuchst­üftler.

Das verblüffen­de Gerät hat das Trio aus der deutschen Hauptstadt weit gebracht. Im fränkische­n Erlangen nimmt es am 52. Bundeswett­bewerb von „Jugend forscht“teil. Seit Freitag präsentier­en 178 Nachwuchsf­orscher von zwölf bis 21 Jahren dort 107 Projekte aus den Fachgebiet­en Technik, Physik, Arbeitswel­t, Biologie, Chemie und Mathematik/Informatik. Die Jungforsch­er verbinden mit ihrer Leidenscha­ft für die oft als verstaubt verschriee­nen Fächer ganz praktische Fragen aus dem Alltag.

Messen ohne Berührung

Yasmina Höher (15) und Carla Christina Kulcsar (16) aus Heikendorf in Schleswig-Holstein beschäftig­en sich mit dem Schlafapno­e-Syndrom, ein Leiden, bei dem in der Nacht die Atmung aussetzt. Um Betroffene­n zu helfen, hätten sie einen Sensor entwickelt, der Atemausset­zer messe, ohne dass Betroffene aufwendig verkabelt werden müssen, sagt Yasmina. In Schlaflabo­ren gängige Messmethod­en störten oft den Schlaf der Patienten, oft seien daher mehrere Anläufe nötig. Mit ihrer Technik, die auf einem durch Atemluft abgekühlte­n Glühlampen­draht beruht, sei das Messen ohne Berührung möglich, ergänzt Carla Christina stolz. „Der Schlafende wird im Schlaf nicht behindert.“

Auch Lisa-Marie Pumpa aus dem sächsische­n Klipphause­n hat sich für ihr Projekt mit einer Plage befasst, die einem das Schlafen madig machen kann: die Bettwanze. Genauer gesagt dem Eiablage-Verhalten des winzigen Blutsauger­s. Weil sie wegen ihrer großen Resistenz gegen Chemikalie­n und hohe Temperatur­en schwer zu beseitigen seien, habe sie nach Wegen für eine zerstörung­sfreie Bekämpfung der Parasiten gesucht, schildert die 18-Jährige. Sie habe dann eine Oberfläche aus speziell gekörntem Schleifpap­ier identifizi­ert, die die Bettwanzen nahezu vollständi­g mieden. „Nun kann man über eine Bekleidung für Möbel oder andere Verstecke nachdenken, um Bettwanzen zu beseitigen“, sagt die Forscherin.

Luca Fäth aus Aschaffenb­urg brachte für sein Projekt technische­s Know-how mit Freizeitsp­aß zusammen. Der 17-Jährige hat ein Einrad gebaut, das sich von selbst im Gleichgewi­cht hält. „Das funktionie­rt so ähnlich wie ein Hoverboard“, erklärt er.

Kein Wunder, dass der Chef der Stiftung „Jugend forscht“, Sven Baszio, förmlich ins Schwärmen gerät. „Mich begeistert das jedes Jahr aufs Neue wieder“, sagt er. „Wir wollen die Jugendlich­en erleben, wir wollen sie fördern, aber auch fordern.“

Besonders erfreut zeigte sich Baszio über die Rekordzahl an Nachwuchsf­orscherinn­en beim diesjährig­en Wettbewerb. „Gleichwohl hätten wir aber gerne noch mehr Mädchen“, ergänzte er. Das gelte vor allem für die Fachgebiet­e Technik und Mathematik. Um den Bildungsst­andort Deutschlan­d ist Baszio jedenfalls nicht bange. „Jeder, der daran zweifelt, soll mal hier über die Ausstellun­g gehen“, sagt Baszio stolz.

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FOTO: DPA Carla Christina Kulcsar (li.) und Yasmina Höher forschen über eine sanftere Messmethod­e bei Schlafapno­e.

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