Kind erstochen: Motiv war angeblich Ruhestörung
Herrmann: Zum Christentum konvertierte Asylbewerber überprüfen
ARNSCHWANG (lby) - Das Motiv für den tödlichen Angriff eines Asylbewerbers auf ein Kind in einer Flüchtlingsunterkunft in der Oberpfalz soll Ruhestörung gewesen sein. Dies habe die Mutter des Buben ausgesagt, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Dienstag in Regensburg mit. Die aus Russland stammende Frau war bei der Tat am Samstag schwer verletzt worden. Nach ihren Angaben habe sich der 41-jährige Afghane durch die spielenden Kinder in seiner Ruhe gestört gefühlt. Deshalb habe er in Arnschwang (Kreis Cham) zunächst die Mutter und dann den Buben angegriffen.
Die 47 Jahre alte Mutter des Kindes erlitt bei der Auseinandersetzung mit dem Mann schwere Schnittverletzungen. Die Ermittler wollten nun weitere Bewohner der Unterkunft vernehmen. Nach bisherigen Erkenntnissen waren mindestens vier Bewohner Augen- oder Ohrenzeugen der Tat. Sie sollten mithilfe von Dolmetschern befragt werden.
Appell an Kirchen und Gerichte
Innenminister Joachim Herrmann (CSU) fordert jetzt eine genaue Prüfung von zum Christentum konvertierten Asylbewerbern. Der Täter habe sich als Konvertit im Falle einer Abschiebung in sein Heimatland Afghanistan bedroht gesehen, sagte Herrmann. Es müsse geprüft werden, ob es weitere Fälle gebe, in denen jemand angebe, zum Christentum übergetreten zu sein.
Herrmann ergänzte: „Klar ist auch, dass wir sowohl von den Kirchen als auch vom Verwaltungsgericht erwarten, (…) dass sie sich sehr genau anschauen, ob einer wirklich zum Christentum übertritt – was ich hier im Einzelfall noch nicht beurteilen kann – oder ob es vorgeschoben sein könnte, nur um einer Abschiebung zu entgehen.“
Täter war verurteilter Brandstifter
Der 41-Jährige war ein verurteilter Straftäter und trug eine elektronische Fußfessel. Nach Angaben der Regierung der Oberpfalz hätte der Mann abgeschoben werden sollen – in Deutschland hielt er sich bereits seit mehr als einem Jahrzehnt auf.
Nach Angaben der Regierung von Oberbayern war der Mann im Jahr 2005 für die Heirat mit einer eingebürgerten, ebenfalls aus Afghanistan stammenden Frau legal mit Visum nach Deutschland eingereist, er erhielt eine Aufenthaltserlaubnis.
Im Dezember 2008 steckte er eine Wohnung in München in Brand, um – wie es in Behördenkreisen heißt – die Tat seinem Cousin in die Schuhe zu schieben, der mit seiner Schwägerin fremdgegangen sein soll. Im Juni 2009 ermordete der Bruder des 41-Jährigen seine Frau wegen des Seitensprunges mit dem Cousin – er sitzt nun in der JVA Straubing ein. Im Oktober 2009 wurde der 41-Jährige wegen der Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Noch während der Haftzeit wurde er nach Angaben der Regierung mit Bescheid der Stadt München aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die Ausreise wäre nach der Verbüßung der Haftstrafe vollzogen worden.
Noch während seiner Inhaftierung stellte er einen Asylantrag. Als Gründe nannte er seine Verfolgung durch die Taliban und seine Konversion zum Christentum. Im April 2012 wurde er in der JVA Landsberg getauft und gefirmt.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte am 12. Dezember 2014 ein Abschiebeverbot fest. In seiner Begründung verwies das Amt auf ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts München.
Unter Führungsaufsicht
Nach seiner Haftentlassung Mitte Januar 2015 stand der Mann unter Führungsaufsicht und musste eine elektronische Fußfessel tragen. Gegen ihn wurde ein Kontaktverbot zu seiner neu verheirateten Ex-Frau ausgesprochen, weil man aufgrund der Familiengeschichte eine Gefährdung befürchtete. Wegen seiner Konversion wurde er in der nicht überwiegend muslimisch belegten Unterkunft Arnschwang untergebracht.
Der Afghane war kein anerkannter Flüchtling. Es bestand lediglich das Abschiebeverbot. Eine Aufenthaltserlaubnis kam aufgrund der strafrechtlichen Verurteilung nicht infrage. Von der Ausländerbehörde können folglich nur befristete Duldungen erteilt werden. Der Afghane war verpflichtet, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen.
Dort erstach er am vergangenen Samstag den fünfjährigen Jungen. Während des folgenden Polizeieinsatzes gab ein Beamter acht Schüsse auf den 41-Jährigen ab, der tödlich getroffen wurde.