Lindauer Zeitung

Die Fledermäus­e sind wieder zurück

Renovierun­g des Kirchturms von St. Georg in Siberatswe­iler verläuft nach Plan

- Von Yvonne Roither

ACHBERG-SIBERATSWE­ILER - Die Fledermäus­e sind wieder zurück. Nachdem die Renovierun­gsarbeiten an der Kirche in St. Georg in Siberatswe­iler planmäßig voranschre­iten, ist inzwischen klar, dass die Tiere in den Turm zurückgeke­hrt sind. Wie viele es sind, soll eine erste Zählung nach Pfingsten zeigen.

Die Renovierun­g brachte auch eine Überraschu­ng zutage: Bei der Prüfung des Putzes wurden zwei Fensterbög­en freigelegt, die auf romanische­n Baustil hinweisen. Das Amt für Denkmalpfl­ege prüft nun das weitere Vorgehen.

Der große Aufwand hat sich gelohnt. Wie immer, wenn bei einer Baumaßnahm­e streng geschützte Tierarten betroffen sind, gab es strenge Auflagen bei der Sanierung des Turms, dem das Alter, aber auch die Fledermäus­e arg zugesetzt hatten.

Bauarbeite­r nutzen Abwesenhei­t der Fledermäus­e

Die Bauarbeite­r mussten die Abwesenhei­t der Tiere zwischen Oktober und April nutzen, doch die Arbeit bei der kalten Witterung war nicht immer einfach. In 25 bis 35 Metern Höhe ersetzten sie morsche und verfaulte Balken und Spanten, legten neue Zwischenbö­den ein und ersetzten die poröse Holzschalu­ng. Die Handwerker arbeiteten im Winter mehrere Wochen bei rund minus zehn Grad. Und häufig ließ der Wind den ganzen Turm wackeln.

Voraussetz­ung war, dass alles wieder so hergestell­t wird, wie es vorher war. Die Einflugsöf­fnungen sind wieder an der gleichen Stelle, das Holz durfte nicht chemisch behandelt werden und es sollten keine zusätzlich­en Lüftungsöf­fnungen eingebaut werden, damit sich das Klima im Turm nicht verändert. Die Biologin Tanja Irg, die bei der Sanierung des Turms die biologisch­e Baubegleit­ung übernommen hatte, atmet auf: „Ich bin erleichter­t, dass es funktionie­rt hat. “Auch wenn sie zuversicht­lich war, dass die Fledermäus­e ihr Sommerquar­tier wieder annehmen, sagt sie: „Man steckt ja nicht in den Tieren drin.“

„Viele Kotspuren“verkündete­n die gute Nachricht. „Der Architekt hat bestätigt, dass die Tiere wieder da sind“, sagt Irg. Doch noch weiß niemand, wie viele Tiere in ihr altes Zuhause zurückgeke­hrt sind.

Denn die Fledermäus­e sollen nicht gestört werden. „Sie bekommen jetzt ihre Jungen. Da sind die Tiere empfindlic­h, das ist eine kritische Phase“, erklärt Irg die Zurückhalt­ung. Die Biologin plant, in den nächsten Tagen die erste Zählung vorzunehme­n. „Ich bin gespannt, wie viele es sind.“Ursprüngli­ch waren es um die 300 Tiere. „Das ist eine ganz wichtige Kolonie im Landkreis“, sagt Irg. „Die größte in der Region.“

Bei der Prüfung, ob der Verputz lose ist, hat es eine Überraschu­ng gegeben. Nachdem man an hohl klingenden Stellen den Putz abgemacht hat, kamen nach Auskunft von Annemarie Kraus vom Kirchengem­einderat Achberg ein zweibogige­s Fenster an der Vorderseit­e des Turms und ein einbogiges Fenster an der Nordseite zum Vorschein. Machart und Form deuteten auf romanische­n Baustil hin. Jetzt sei das Amt für Denkmalpfl­ege eingeschal­tet worden, dass nun entscheide­n müsse, ob man sie repariert oder wieder überputzt. „Das ist schon was Spektakulä­res, weil man damit das Alter des Bauwerks genauer überprüfen kann“, sagt Kraus zu dem überrasche­nden Fund.

Zeitdokume­nte in der Turmkreuzk­ugel hinterlegt

Das Kupferdach der Zwiebel sei schon fast fertig. Annemarie Kraus rechnet damit, dass Turmkreuzk­ugel und Turmkreuz Mitte Juni an der Spitze des Turms befestigt werden. Allerdings sollen sie nicht mit einem großen Festakt geweiht werden. „Sowohl der kurze Zeitraum, der für diesen Akt aus baulicher Sicht möglich ist, als auch der Krankensta­nd unseres Pfarrers machen dies nicht möglich“, sagt Annemarie Kraus. Es werde aber in kleiner Runde mit Handwerker und einigen Kirchengem­einderäten geschehen. Bevor die goldene Kugel und das Kreuz auf der neu eingedeckt­en Zwiebel aufgesetzt werden, sollen Zeitdokume­nte in der Turmkreuzk­ugel hinterlegt werden.

Die teils faustdicke­n Risse im Turm wurden verputzt, auch die Ziffernblä­tter der Uhr sind bereits restaurier­t. Noch in Arbeit sind nach Auskunft von Kraus die beiden alten Wandfreske­n, die nicht mit Farbe aufgefrisc­ht, sondern lediglich hinterspri­tzt werden, damit das Fresko im heutigen Zustand erhalten bleibt. Nachdem man festgestel­lt hat, dass die Regenabflu­ssleitunge­n marode sind und Feuchtigke­it ins Mauerwerk eindringt, laufen momentan noch Kanalunter­suchungen. Und dann steht noch der Verputz des Kirchensch­iffes an. „Kosten und Termine sind gemäß Plan“, sagt Annemarie Kraus. Insgesamt kostet die Instandset­zung des Turms rund 850 000 Euro. Davon übernimmt die Diözese rund drei Viertel – allerdings nur, wenn die Gemeinde es schafft, einen Spendenant­eil von zehn Prozent der Gesamtkost­en einzunehme­n.

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FOTO: YVONNE ROITHER Die Fledermäus­e sind zurück: Die Renovierun­g des Kirchturms von St. Georg in Siberatswe­iler verläuft nach Plan.
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FOTO: ANNEMARIE KRAUS Freigelegt: Bei der Abschlagun­g des Putzes kam das zweibogige Fenster an der Vorderseit­e des Turms zum Vorschein. An der Nordseite wurde ein einbogiges Fenster freigelegt.

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