Jöckel streitet mit OB über Grundstück
FDP-Stadtrat und Ecker werfen sich gegenseitig Fehler vor
- Wer beim Umgang mit dem früheren Bahngrundstück zwischen Eichwald und Schienen einen Fehler gemacht hat, das ist zwischen Oberbürgermeister Gerhard Ecker und FDP-Stadtrat Ulrich Jöckel sehr umstritten. Jöckel behauptet, der OB hätte für Lindau günstig ein großes Grundstück sichern können. Ecker kontert, dass Jöckel den Preis raufgetrieben habe. Die LZ hat mit beiden Seiten gesprochen.
Zu dritt befassen sie sich schon seit fast zehn Jahren mit dem mehr als acht Hektar großen Grundstück, auf dem der Parkplatz für die Therme entstehen soll. Jöckel arbeitet mit Hans-Peter Duwe und Michael Karnolt zusammen. Karnolt hat auf dem Grundstück seit Jahren eine große Fläche gemietet, auf der er für seine Firma Stark Container lagert. Als Karnolt, Jöckel und Duwe mitbekommen haben, dass die Bahn die Fläche mit anderen an einen internationalen Immobilienkonzern verkauft hat, haben Sie Interesse entwickelt, selbst Eigentümer des Grundstücks zu werden.
Beim Gespräch mit der LZ legt Jöckel Schriftwechsel vor, die belegen, dass sie Interesse an dem Grundstück angemeldet hatten, als Petra Seidl noch Oberbürgermeisterin war, als Jöckel noch lange nicht im Stadtrat saß, und als in Lindau noch kaum jemand sich eine Therme im Eichwald vorstellen konnte. 2011 haben dann konkrete Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer CA Immo begonnen.
Vorher hatte sich übrigens auch der Stadtrat mit dem Grundstück befasst und es im Flächennutzungsplan als Fläche für einen Festplatz und als Parkplatz eingetragen. 2011 zeichnete der Stadtrat einen Teil des Grundstücks bei der Ausschreibung für die Therme als Parkplatzfläche ein. Doch Jöckel, Duwe und Karnolt wollten dort lieber neben dem Containerlager Wohnen und Gewerbe planen. Im Gespräch mit der LZ wollen sie über ihre damaligen Pläne nicht im Detail Auskunft geben, aber Jöckel hat früher schon mal gesagt, dass er sich in der Nähe zum Eichwaldbad gut ein Hotel vorstellen kann.
Ausführlich haben sich die drei mit den Altlasten befasst, welche die Bahn auf dem Grundstück hinterlassen hat. Die Unterlagen dazu füllen mehrere Aktenordner.
So wissen die Unternehmer, dass diese Giftstoffe zu entsorgen sind, bevor man dort bauen könnte. Jöckel gibt die Kosten mit drei bis sechs Millionen Euro an.
Im Laufe der Gespräche mit der CA Immo erfuhren sie, dass der Immobilienkonzern mit den Stadtwerken eine Absichtserklärung abgeschlossen hatte, die das für die Therme benötigte Grundstück umfasst. Weil sie nicht weiterkamen, seien sie im Mai 2014 – da war Jöckel gerade Stadtrat geworden – zum Gespräch zu OB Ecker gegangen. Duwe sagt, sie hätten dem OB ein Angebot zur Zusammenarbeit gemacht.
Stadt muss Teil des Altlastenrisikos übernehmen
Freimütig räumt er ein, dass die Stadt einen Teil des Altlastenrisikos hätte übernehmen sollen. Dafür hätte die Stadt die Parkplatzflächen erhalten. Verwaltung und Stadtrat hätten dort Baurecht schaffen sollen, dann wollten die Unternehmer dort investieren und ihre Pläne umsetzen.
Doch OB Ecker habe das abgelehnt, weil die Stadt die Fläche nicht brauche. Die Pläne für ein neues Bad standen vor dem Aus, und für das Strandbad reichten die vorhandenen Stellplätze. „Dann macht es keinen Sinn, wir haben da nicht weitergemacht“, sagt Duwe.
OB Ecker bestätigt, dass die drei Unternehmer im Mai 2014 bei ihm waren. „Sie wollten das Grundstück erwerben, eventuelle Altlasten sanieren und dann Gewerbe- und Wohnbau dort ansiedeln“, schreibt Pressesprecher Jürgen Widmer auf Anfrage der LZ. Und weiter: „Die Stadt hätte dort Baurecht schaffen sollen und hätte als ,Belohnung' dann die Parkplätze für die Therme bekommen.“Und dann unterscheidet sich Widmers Angabe von der der drei Unternehmer: „Darauf wollte sich OB Dr. Ecker nicht einlassen, weil er die Stadt nicht durch ein Kopplungsgeschäft zugunsten der drei Herren erpressbar machen wollte.“Widmer fügt hinzu, dass die Stadt solche Grundstücksangelegenheiten entsprechend der Gemeindeordnung in der Regel nicht öffentlich mache, aber in diesem Fall sei Jöckel an die Öffentlichkeit gegangen.
Der OB widerspricht auch der Aussage, er habe kein Interesse an dem Grundstück gehabt. Das Gegenteil sei der Fall, denn die Stadt habe eine mündliche Zusage des Geschäftsführers von CA Immo gehabt, „dass sie nur die für den Parkplatz benötigten Flächen kaufen könne“, das seien 18000 Quadratmeter. Das habe CA Immo kurz darauf zurückgezogen und erklärt, dass es die Fläche nur im Gesamten verkaufen wolle. Das habe der OB wegen der Altlasten und wegen des inzwischen deutlich höheren Kaufpreises abgelehnt: „Angesichts der vielen städtischen Projekte dürfte jedem klar sein, dass die Stadt sich weitere, nicht notwendige Investitionen in Millionenhöhe, verbunden mit einem hohen Risiko, nicht leisten kann.“
Jöckel gibt an, er habe den Preis für das ganze Grundstück von 2 auf 1,75 Millionen Euro runtergehandelt, das wären gut 21 Euro pro Quadratmeter. Die Stadt nennt keinen Betrag, Widmer lässt aber durchscheinen, dass Lindau kurz davor war, den Parkplatz nur für einen kleinen Teil dieser Summe zu kaufen. Inzwischen dürfte der Preis für das Grundstück drastisch gestiegen sein. Jöckel spricht von etwa sechs Millionen Euro.
2014 beschließt Stadt ein Vorkaufsrecht für das Grundstück
Weil OB Ecker vor drei Jahren das Grundstück unbedingt für die Stadt sichern wollte, berief er im Juli 2014 eine Sondersitzung ein, in der der Stadtrat ein Vorkaufsrecht beschloss. Er habe es damit der Spekulation entziehen wollen, schreibt Widmer. Nicht für das ganze Grundstück, sondern nur für die Parkplatzfläche. Deshalb kommt die Diskussion jetzt wieder hoch. Denn im April hat Thermeninvestor Andreas Schauer die gesamten acht Hektar gekauft.
Damit könnte die Stadt auf ihr Vorkaufsrecht pochen - wenn die Verwaltung darauf nicht vor Vertragsschluss ausdrücklich verzichtet hätte. Dass dies am Stadtrat vorbei geschehen ist, ärgert nicht nur Jöckel. Auch BU-Stadtrat Roland Freiberg hat sich darüber im Stadtrat beschwert. Allerdings haben im Stadtrat nur Jöckel und Jürgen Müller (LI) dafür gestimmt, dass Lindau das Grundstück doch noch kaufen sollte - zum Preis, den Schauer ausgehandelt hatte.
Widmer verteidigt das Vorgehen der Verwaltung, denn Schauers Kauf sei Voraussetzung für das Schaffen von Parkplätzen und damit im Interesse der Stadt, die sich solch ein Geschäft aufgrund der Haushaltslage zudem nicht leisten könnte. Grundsätzlich ändere sich aber nichts, erklärt Widmer: „Dieses Vorkaufsrecht würde auch greifen, wenn Herr Schauer das Grundstück weiter veräußern würde.“
Jöckel fürchtet nun, dass der Investor Druck auf Lindau ausüben kann. Denn das Brachliegen seines Kapitals sei wohl nicht in dessen Interesse. Da die Stadt in der Therme auf gute Zusammenarbeit mit dem Investor angewiesen sei, habe OB Ecker dem womöglich versprochen, aus dem Grundstück doch Bauland zu machen.
Dem widerspricht Widmer: „Herr Schauer wurde darauf hingewiesen, dass es in den kommenden Jahren keine Entwicklung auf den Flächen geben wird.“Lindau wolle die Vorhaben aus dem Stadtentwicklungskonzept Isek abarbeiten, und darin kommt dieses Grundstück nur als möglicher Auffangparkplatz in Verbindung mit einem Schiffshuttle auf die Insel vor, aber nicht als Bauland. Was nach dem Jahr 2030 passiert, wenn der Horizont des Isek endet, das müssten Stadtrat, OB und Bürgerschaft in knapp 15 Jahren neu entscheiden.