„Die Stadt tickt ganz normal weiter“
Ravensburg nach dem ersten Monat ohne Marienplatztiefgarage: volle Busse, freie Parkplätze
RAVENSBURG (fh) - Seit einem Monat ist die marode Marienplatzgarage in Ravensburg geschlossen. Parkchaos in der Innenstadt und empfindliche Umsatzeinbußen für Händler und Gastronomen waren im Vorfeld befürchtet worden. Doch große Probleme gibt es bisher nicht. „Die Stadt tickt ganz normal weiter“, sagt der Vorstand des großen Ravensburger Unternehmernetzwerks Wifo. Die Statistik der Verwaltung zeigt, dass selbst zu den Stoßzeiten nicht alle Parkplätze im Zentrum belegt sind. Und das Ein-Euro-Busticket an Samstagen entwickelt sich zu einem unerwarteten Erfolg.
Die Stadtverwaltung hat die Belegungszahlen der Parkhäuser für den Mai ausgewertet und dabei die Freitage und Samstage als stärkste Wochentage besonders in den Blick genommen. Erstaunlicherweise gibt es trotz der 300 durch die Sanierung der Marienplatzgarage fehlenden Parkplätze selbst zu den Stoßzeiten zwischen 11 und 14 Uhr noch freie Kapazitäten im Zentrum. So auch im städtischen Parkhaus Bahnstadt, das nur wenige Schritte vom Zentrum entfernt liegt. Mindestens 25 freie Plätze waren hier immer zu haben. Enger wird es da schon im Parkhaus Oberamtei, das ebenfalls von den Stadtwerken betrieben wird, und im privaten Parkhaus Untertor. Gerade an Samstagen hieß es hier nach 11 Uhr im Mai immer wieder: Nichts geht mehr. Dagegen lässt sich im Rauenegg und im Frauentor bis auf wenige Ausnahmen immer noch eine Parkbucht finden. In der Summe aller Parkhäuser gab es selbst am stärksten Tag, dem Samstag, 6. Mai, zur stärksten Zeit (12 Uhr) noch 70 unbelegte Plätze.
Noch nicht mitgezählt sind da die Ersatzflächen, die vor allem für die Samstage in Stadtnähe geschaffen wurden: Der Parkplatz der Kreissparkasse an der Meersburger Straße ist bislang noch nie voll belegt gewesen, wird aber laut Alfred Oswald, Sprecher der Stadt, inzwischen immer stärker angesteuert. Gähnende Leere herrscht sogar ganz häufig auf den bewirtschafteten Flächen in der Charlottenstraße (ehemaliges EnBW-Gelände). Und auch in der Metzgerstraße (TWS) geht samstags noch was. Das Parkleitsystem wird gerade ergänzt und könnte demnächst eine weitere Verbesserung bringen.
Sorgen hatten vor der eineinhalb Jahre dauernden Vollsperrung der Marienplatztiefgarage vor allem die Händler geäußert. Das Wirtschaftsforum pro Ravensburg (Wifo), das 335 Betriebe vertritt, gab jetzt schon mal vorsichtig Entwarung: „Die Stadt tickt normal weiter“, sagt Vorstandssprecher Thomas Reischmann. Die Stadt habe sich prima vorbereitet, dadurch bleibe das Zentrum gut erreichbar. Der Handel könne bislang keine merklichen Veränderungen beim Umsatz und der Frequenz feststellen, sagt der Wifo-Vorstand. Um diesen Eindruck abzusichern, läuft nach den Pfingstferien eine Mitgliederbefragung.
Angebot nicht von Dauer
Das Ein-Euro-Busticket an Samstagen hat sich bislang als solcher Erfolg erwiesen (bis zu 2400 verkaufte Karten), dass das Wifo fordert: „Das Angebot muss nach der Sanierung der Marienplatzgarage weiterlaufen.“Die Händlervereinigung hat deshalb in einer Klausurtagung beschlossen, ihre Forderung „Bus raus an Samstagen aus der Innenstadt“bis auf Weiteres zurückzustellen. Ob es in eineinhalb Jahren immer noch möglich sein wird, samstags für einen Euro mit dem Stadtbus zu fahren oder das Angebot sogar auf die Woche auszuweiten, scheint fraglich. Die Verwaltung hat schon Bedenken angemeldet, dies sei nicht mit dem Konsolidierungskurs bei den Stadtwerken zu vereinbaren. Teile des Gemeinderates sehen das auch so.
Trotz der bisher guten Nachrichten wissen die Verantwortlichen im Rathaus, dass eineinhalb Jahre lang sind und sich nicht alle Probleme in Luft auflösen werden: „Wir haben bislang zwar keine großen Klagen bekommen, sind uns aber bewusst, dass das Angebot der zentralsten Tiefgarage vor allem dem Handel und der Gastronomie fehlt“, so Alfred Oswald. Und irgendwo spürt man die Großbaustelle dann doch: Junge Mütter berichten, dass Mutter-KindParkplätze in der Stadt jetzt noch häufiger von Autofahrern blockiert werden, deren Wagen da eigentlich nichts zu suchen haben. Und Anwohner des Zentrums dürfen sich gehäuft mit Verkehrsteilnehmern auseinandersetzen, die Garage oder Einfahrt zugeparkt haben, weil sie „nur ganz kurz was abholen“wollten.
Eine neue Geschäftsidee hat sich dank der Tiefgaragensperrung entlang der Seestraße auch schon entwickelt: Junge Menschen blockieren samstags vormittags mit ihren Autos die neuen Parkplätze und winken für ein Trinkgeld Suchende ein.