Der Kanzler der Einheit ist tot
Helmut Kohl wurde 87 Jahre alt – Merkel würdigt ihn als „Glücksfall für uns Deutsche“– Weltweite Trauer
BERLIN (dpa) - Er hat die Bundesrepublik geprägt wie sonst nur sehr wenige: Helmut Kohl, Kanzler der deutschen Einheit und Wegbereiter der Europäischen Union, ist tot. Der langjährige CDU-Vorsitzende starb am Freitag im Alter von 87 Jahren. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Todesnachricht bekundeten Politiker aus aller Welt ihre Betroffenheit.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erhielt die Nachricht von Kohls Tod während einer Reise nach Rom. „Helmut Kohl hat auch meinen Lebensweg entscheidend verändert“, sagte Merkel und nannte ihren Vorgänger im Amt des Regierungs- und CDU-Chefs einen „Glücksfall für uns Deutsche“. Kohl regierte von 1982 bis 1998 als Bundeskanzler. Er erkannte nach der friedlichen Revolution in der DDR im Jahr 1989, dass das Fenster für die deutsche Einheit nur kurz geöffnet sein würde. Unter Hochdruck handelte Kohl mit den USA, der Sowjetunion, mit Großbritannien, Frankreich sowie mit der Europäischen Union (EU) die Modalitäten dafür aus. „Das war höchste Staatskunst im Dienste der Menschen und des Friedens“, sagte Angela Merkel. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hob die Verdienste Kohls um die deutsche Einheit hervor: „Es war ein besonderes Glück für Deutschland, dass Helmut Kohl das Land in einem entscheidenden Moment mit Weitblick und Führungskraft regierte.“
Der frühere Präsident der Vereinigten Staaten, George H. W. Bush, würdigte Kohl als „wahren Freund der Freiheit“. Nach dem Fall der Mauer hatten Kohl und Bush eng bei den Verhandlungen über den Zweiplus-Vier-Vertrag zusammengearbeitet, der den Weg zur deutschen Wiedervereinigung ebnete.
Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern bescheinigte Helmut Kohl: „Europa trägt seine Handschrift.“EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker reagierte auf Twitter: „Ich bin in großer Trauer über den Tod von Helmut Kohl, meinem engen Freund. Er hat mich auf allen europäischen Wegen geleitet und begleitet.“
Kohls letzte Lebensjahre waren von schwerer Krankheit geprägt. Bereits am Staatsakt zum 20. Jahrestag des Mauerfalls nahm er 2009 im Rollstuhl sitzend teil. Dem Kohl-Vertrauten und früheren „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann zufolge starb der Politiker am Freitagmorgen „friedlich in seinem Haus in Ludwigshafen“, wie Diekmann der „Bild“-Zeitung sagte.