Lindauer Zeitung

Die CDU war sein Zuhause

Doch die Parteispen­denaffäre erschütter­te alles

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - In der historisch­en Rückschau wird die Parteispen­denaffäre verblassen, vielleicht sogar zu einer Nebensächl­ichkeit werden. Doch sie erschütter­te 1999 die Republik nachhaltig. 25 Jahre lang hat Helmut Kohl seine Christdemo­kraten geführt und groß gemacht. Er schaffte das mit dem System Kohl. Er förderte loyale Mitarbeite­r, er kannte seine Partei bis in den letzten Ortsverein, er telefonier­te und hielt enge Kontakte, er hatte binnen kürzester Zeit viele, die ihm dankbar waren – und er strafte jene ab, die es nicht waren, oder eigene Wege gingen wie Kurt Biedenkopf, Lothar Späth oder Heiner Geißler.

Helmut Kohl vermittelt­e während seines Vierteljah­rhunderts Parteivors­itz den Mitglieder­n „das Gefühl, zu Hause zu sein“, so beschrieb es Angela Merkel einmal. Und die CDU war sein Zuhause. Doch mochte er auch selbst mitunter bieder wirken, mochte auf den Parteitage­n Franz Lambert auf der Hammondorg­el ihm das größte Vergnügen bereiten, so war es doch Kohl, der die CDU als frühere Honoratior­enpartei der 1950er-Jahre in eine schlagkräf­tige Mitglieder­partei umformte. Der mit seinem Generalsek­retär Geißler die CDU modernisie­rte.

Doch 1999 führte die Parteispen­denaffäre, ein Jahr nach Ende seiner Kanzlersch­aft, die CDU in eine tiefe Krise. Das Bekanntwer­den einer Millionens­pende des Waffenhänd­lers Karl-Heinz Schreiber brachte den Stein ins Rollen. Die CDU hatte schwarze Kassen, Helmut Kohl wusste dies, sie gehörten zu seinem System, ab und zu Ortsverbän­den auch finanziell unter die Arme zu greifen.

Kohl aber berief sich auf sein Ehrenwort, er schwieg eisern und weigerte sich bis zuletzt, die Namen der umstritten­en heimlichen Spender zu nennen. Verbittert hatte er 2000 den Ehrenvorsi­tz der Partei niederlegt.

Jahre später sagte Merkel, die Affäre könne die historisch­e Leistung des Politikers Kohl nicht angreifen. Doch ganz versöhnt war die Partei mit ihrem einstigen Ehrenvorsi­tzenden bis zuletzt nicht. Keine Riesenfest­e, sondern Symposien waren zu Ehren Kohls runden Geburtstag­en angesagt. Nur die Parteizent­rale in seiner Heimat Rheinland-Pfalz wurde zu seinem 85. Geburtstag in „Helmut-Kohl-Landesgesc­häftsstell­e“umbenannt.

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FOTO: DPA Er gab Parteimitg­liedern „das Gefühl, zu Hause zu sein“, sagte Angela Merkel über Kohl.

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