Kritik an Schäuble
Reaktionen auf Kompromiss zur Griechenland-Hilfe
BERLIN - „Verschleierungstaktik, Verschaukelung des Bundestages“: Verbale Prügel von der SPD, aber auch harsche Kritik aus den Reihen der Union hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erfahren. In der Nacht hatte der CDU-Politiker in Luxemburg einem Kompromiss zur Griechenland-Rettung zugestimmt. Mit weiteren 8,5 Milliarden Euro soll Athen für harte Reformen belohnt werden, so seine Schulden im Juli zurückzahlen können.
Der Haken: Der Internationale Währungsfonds (IWF), dessen Beteiligung am Rettungspaket Schäuble dem Bundestag mehrfach versprochen hatte, gibt noch immer kein eigenes Geld. Schließlich blockiert Schäuble weiter die zentrale Forderung von IWF-Chefin Christine Lagarde, die Schuldenlast der Griechen zu erleichtern.
Die Frage, um die es sich in Berlin vor allem drehte, ist die, ob der Bundestag über die neuen Milliardenkredite abstimmen muss, oder ob sie durch das bisherige Mandat für das dritte Rettungspaket abgedeckt sind. Die SPD scheint nicht gewillt, Schäubles Kurs abzunicken, versucht, den Finanzminister als Trickser darzustellen. „Schäuble muss endlich begreifen: Wir können nicht länger auf Zeit spielen“, schimpfte SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz. Angesichts der vielen Krisen werde ein handlungsfähiges Europa gebraucht, „kein Europa der Taktiererei und der Selbstblockade“.
Eine klare Ansage kommt vom haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs: Die Einigung aus Luxemburg sei nur ein „Formelkompromiss“, weil der IWF nur ein Programm in Aussicht gestellt, nicht aber Geld fest zugesagt habe. „Das möchte ich nicht im Haushaltsausschuss abfrühstücken, sondern darüber soll jeder Abgeordnete im Plenum offen diskutieren.“Die Entscheidung, ob der Bundestag abstimmen wird, treffen kommende Woche die Fraktionsspitzen. „Derzeit ist es offen“, verlautete aus der SPD-Fraktionsführung.
Schäuble hält eine Abstimmung für unnötig, will das GriechenlandThema kleinhalten. Der IWF sei „voll an Bord“, so eine Sprecherin des Finanzministeriums. Auch der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, lobt, der IWF habe seine Beteiligung zugesagt.
Peter Ramsauer, Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Deutschen Bundestag, sieht das anders. Die Entscheidung sei „äußerst unglücklich und steht nicht im Einklang mit der Beschlusslage des Deutschen Bundestages“, sagte der CSU-Politiker im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Deswegen müsse sich der Bundestag in einer Sondersitzung damit befassen. „Sonst wäre er restlos in der Griechenland-Frage wieder verschaukelt worden.“So sieht es auch der CDU-Abgeordnete und Finanzpolitiker Christian von Stetten: „Nur eine symbolische Beteiligung des IWF reicht nicht.“Dass die Unionsfraktion Schäuble die Gefolgschaft verweigern könnte, gilt indes als ausgeschlossen.