Macrons Partei vor einem Erdrutschsieg
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron steht Umfragen zufolge vor einem Erdrutschsieg bei der Parlamentswahl. Seine Partei La République en Marche (LREM) könnte am Sonntag zusammen mit der verbündeten Zentrumspartei MoDem zwischen 440 und 470 der 577 Abgeordnetenmandate gewinnen, wie es in aktuellen Umfragen heißt. Das würde bedeuten, dass sich der sozialliberale Präsident künftig in der Nationalversammlung auf eine Dreiviertelmehrheit stützen kann.
Nach Macrons Erfolg in der ersten Runde versuchen auch andere Bewerber, etwas von seinem Glanz abzubekommen. „Sobald das Foto des Präsidenten oder sein Name zu sehen ist, stimmen die Leute für den Kandidaten, auch wenn ihn keiner kennt“, sagt eine Wählerin von En Marche. Das gilt für prominente Kandidaten wie ExRegierungschef Manuel Valls oder die frühere Arbeitsministerin Myriam el Khomri. „Kandidatin der Linken mit der offiziellen Unterstützung von Emmanuel Macron“ließ die Sozialistin neben ihre Wahlplakate kleben.
Wer wirklich gegen den Präsidenten ist, wird sich Anfang Juli zeigen, wenn die Nationalversammlung der Regierung das Vertrauen aussprechen muss. Einer, der bereits seinen Widerstand ankündigte, ist der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Seiner Partei La France Insoumise (Das aufmüpfige Frankreich) trauen die Wähler laut einer Umfrage am ehesten zu, eine echte Opposition gegen Macron zu bilden. Mélenchon, der mit knapp 20 Prozent in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen einen Überraschungserfolg erzielte, hofft auf 15 Mandate, so dass er eine Parlamentsfraktion bilden kann.
Keine Fraktion dürfte dagegen der rechtspopulistische Front National (FN) hinbekommen. Parteichefin Marine Le Pen kündigte nach ihrer Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen noch vollmundig an, die erste Oppositionskraft werden zu wollen. Doch die erste Runde am vergangenen Sonntag wurde zum Flop für den FN, der gegenüber der Präsidentenwahl mehr als 3,7 Millionen Stimmen verlor. 57 Prozent der FN-Wähler gingen gar nicht erst zu den Urnen.
Le Pen macht sich Mut
In ihrem Wahlkreis Hénin-Beaumont fuhr Le Pen zwar mit 46 Prozent einen Erfolg ein, doch anderswo schnitten die FN-Kandidaten deutlich schlechter ab. So schaffte ihr Vize Florian Philippot in seinem lothringischen Wahlkreis nur einen Vorsprung von 459 Stimmen vor dem LREM-Kandidaten Christophe Arend, der die Stichwahl mit den Stimmen der ausgeschiedenen Kandidaten gewinnen dürfte. Der FN dürfte also bestenfalls mit fünf Abgeordneten vertreten sein. Wenn es schlecht läuft für die Rechtspopulisten, sitzt Marine Le Pen sogar alleine im neuen Parlament. „Eine FN-Abgeordnete ist so viel wert wie zehn andere“, machte sich die Anwältin trotzig Mut. Sie rief ihre Anhänger auf zur Wahl zu gehen, denn für die zweite Runde zeichnet sich eine noch geringere Wahlbeteiligung ab.
Die Opposition hofft, das Ergebnis vom vergangenen Sonntag noch zu korrigieren. Immerhin sechs von zehn Franzosen wünschen sich eine solche „Richtigstellung“. „Das ist auch eine Warnung an Macron“, sagt der Meinungsforscher Yves-Marie Le Cann im Radiosender RMC. „Denn es zeigt, dass seine Mehrheit in der Nationalversammlung nicht unbedingt einer Mehrheit im Land entspricht.“