Lindauer Zeitung

Wenn die Tigerdame Magenprobl­eme hat

In der rheinland-pfälzische­n Großkatzen­station Maßweiler werden Raubtiere behandelt

- Von Stephen Wolf

MANNHEIM (dpa) - Als ehemalige Zirkustige­rin kennt Varvara die Menschen. Und sie kennt die Betriebsam­keit, die Zweibeiner vor großen Ereignisse­n an den Tag legen. Also blickt die 14 Jahre alte Raubkatze aufmerksam in die Runde von Medizinern und Tierpflege­rn, die am Freitagmor­gen mit einem langen schwarzen Stab gekommen sind. Aber alle Aufmerksam­keit nutzt nichts. Tierärztin Johanna Painer führt den schwarzen Stab – ein Blasrohr – an die Lippen und jagt zielsicher zwei Narkosepfe­ile in den kräftigen Körper. Kurz darauf liegt die Raubkatze auf dem Operations­tisch.

Varvara ist nicht die einzige Patientin, die in der rheinland-pfälzische­n Großkatzen­station Maßweiler unter Vollnarkos­e durchgeche­ckt wird. Auch die etwa vier Jahre alte Cara kommt an die Reihe. Das Tigerweibc­hen lebt seit fast zwei Jahren auf dem ehemaligen US-Militärgel­ände in der Nähe von Pirmasens und muss geröntgt werden. Die Tigerdame wurde 2013 in einem italienisc­hen Bauernhaus aufgefunde­n und lahmt. Die Untersuchu­ng ergibt eine Arthrose im Schulterge­lenk.

Varvara und Cara leben mit zwei weiteren Tigern auf einem insgesamt 14 Hektar großen Gelände. Die Tiere werden einmal im Jahr auf Herz und Nieren untersucht. Ansonsten werden die Raubkatzen von Pflegern des Tierschutz­vereins Tierart hinter meterhohen Zäunen betreut. Der Verein wiederum wird von der Stiftung Vier Pfoten unterstütz­t. „Großkatzen, die in Gefangensc­haft leben, können nicht mehr in die freie Wildbahn entlassen werden“, sagt Anna-Lena Krebs von der Stiftung Vier Pfoten.

Die ehemalige Zirkustige­rin Varvara liegt auf dem OP-Tisch, ein EKG piept und Tierärztin Painer von der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien untersucht das etwa 140 Kilogramm schwere und 2,45 Meter große Tier mit dem Ultraschal­lgerät. „Mit dem Herz ist alles bestens, auch die Niere und die Leber sehen gut aus“, sagt sie. Ihre Assistente­n achten darauf, dass die gefährlich­e Raubkatze nicht plötzlich erwacht und um sich schlägt. „Ein Schlag mit der Pfote kann schon tödlich sein“, sagt Florian Eiserlo, Leiter der Großkatzen­station.

Während die Ärztin die Innereien untersucht, prüft er die Krallen und die Polster. Er ist zufrieden. „Nichts abgerissen, sieht gut aus“, sagt Eiserlo, während der Koloss von Tier mit offenem Maul und Tubus immer noch Furcht einflößend wirkt. Allerdings leidet das Tier unter Magenprobl­emen. Daher steht auch eine Magen-Darm-Spiegelung auf dem Programm, bei der eine Darmentzün­dung diagnostiz­iert wurde. Doch Varvara hat schon Schlimmere­s erlebt. Die 14 Jahre alte Tigerin stammt aus einem bulgarisch­en Zirkus. Noch vor etwa drei Jahren vegetierte sie in einem zehn Quadratmet­er großen Käfig vor sich hin.

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FOTO: DPA Tierärztin Johanna Painer untersucht Tigerweibc­hen Varvara.

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