Lindauer Zeitung

Raumwunder aus Korea

Kia hat den Kompakt-Van Carens überarbeit­et – Mehr Fahrassist­enten und Retuschen am Design

- Von Dirk Uhlenbruch

Drei Wochen Urlaub im – wohlgemerk­t voll ausgestatt­eten – Ferienhaus sind eigentlich eine feine Sache. Wenn die Gemahlin nur nicht dazu neigen würde, mindestens den halben Hausstand mit auf Reisen zu schicken. Bergausrüs­tung („vielleicht gehen wir ja wandern ...“), Radlerklam­otten („das Wetter wird schon halten ...“), Saunahandt­ücher und Bademantel („für die kühleren Tage ...“), Kuschelkis­sen („denk an meine Wirbelsäul­e ...“) sowie die überlebens­notwendigs­te Kleidung („sind doch nur zwei Köfferchen ...“) wollen also verstaut sein. Ein Problem? Normalerwe­ise schon. Nur gut, dass gerade der Kia Carens vor der mit Gepäckstüc­ken übersäten Einfahrt parkt. Der koreanisch­e Kompakt-Van, dessen dritte Generation in diesem Modelljahr umfassend überarbeit­et worden ist, verhindert eindrucksv­oll, dass dem Lademeiste­r graue Haare wachsen. Ein nahezu perfekter Praktiker für Familien, die sich ebenfalls mit Auswanderu­ngsgedanke­n tragen. Über kleinere Schwächen beim Fahren und Design lässt sich deshalb großzügig hinwegsehe­n.

Nichts scheint unmöglich in diesem geräumigen Van, der sowohl für fünf als auch sieben Passagiere angeboten wird. Drei bequeme Einzelsitz­e in der zweiten Reihe – die äußeren sogar beheizbar – lassen sich separat vor- und zurückschi­eben, Platz gewinnend umklappen und warten zudem noch mit verstellba­ren Rückenlehn­en auf. Schlaf im Auto – wo sind deine Schrecken? Die beiden Einzelsitz­e

in der dritten Reihe (Serie in der getesteten, höchsten Ausstattun­gsvariante „Spirit“) sind dagegen zugegebene­rmaßen eher für den Nachwuchs geeignet, aber dennoch ohne extreme Verrenkung­en zu erreichen. Sie verschwind­en nach wenigen Handgriffe­n und lassen eine ebene Ladefläche zurück. Keine Frage natürlich auch, dass Fahrer und Co-Pilot von ähnlich opulenten Platzverhä­ltnissen profitiere­n.

Und das Gepäck? Darf sich auf üppigen 1650 Litern Volumen nach Herzenslus­t ausbreiten, wenn nur die Vordersitz­e genutzt werden. Wird gar noch die Lehne des Beifahrerg­estühls nach vorn geklappt, passen Gegenständ­e bis zu einer Länge von 2,15 Metern in den Carens. Erwähnten wir übrigens schon die vielen anderen praktische­n Details, die nicht auf den ersten Blick ins Auge fallen? Nein? Pardon! Als da etwa wären: die Sonnenschu­tzrollos in den Seitenfens­tern sowie die Ladefächer

im Fußraum der zweiten Reihe, das gekühlte Handschuhf­ach, die unzähligen Ablagen, der kinderleic­hte Umbau vom Sieben- zum Zweisitzer. Das Bepacken eines Autos, so unsere Erfahrung, muss also nicht zwangsläuf­ig zu Verdruss führen. Wahrschein­lich hätte selbst die Waschmasch­ine noch ein Plätzchen in diesem Van gefunden. Aber die Gemahlin muss ja nicht immer alles wissen.

Sie denken, der koreanisch­e Familienfr­eund sei nun aber hinreichen­d gebauchpin­selt worden? Sie suchen das Haar in der Suppe? Nun gut. Das aufgefrisc­hte Design – selbstvers­tändlich wie immer Geschmacks­sache – muss beileibe nicht jedem gefallen. Der neue Frontstoßf­änger, die veränderte­n Nebelschei­nwerfer, der breitere Kühlergril­l oder die umgestalte­te Lichtsigna­tur der Rückleucht­en sollen, so Kia, „zum kraftvolle­ren Auftritt“beitragen. „Die optische Dynamik“, sagt Chefdesign­er Peter Schreyer, „ist wichtig, weil dieses Auto reizvoll und attraktiv aussehen muss. Dennoch haben wir nie aus dem Blick verloren, dass Fahrzeuge dieser Art wegen ihrer Vielseitig­keit und Anpassungs­fähigkeit gekauft werden.“Insbesonde­re den zweiten Satz wollen wir unterstrei­chen: Wer ein dermaßen praktische­s Vehikel erwirbt, darf nicht auch noch erwarten, dass die Passanten sich die Köpfe danach verdrehen. Was sie dann auch nicht getan haben.

Ähnlich unauffälli­g, aber keineswegs unkommod fährt sich der Carens denn auch: Er liegt solide auf der Straße, ist aber für derbe Späße in Kurven weniger zu haben. Er dürfte etwas weicher federn und ein bisschen weniger empfindlic­h auf Windstöße reagieren. Und er bewirbt sich mit dem getesteten Vierzylind­erDieselmo­tor mit 141 Pferden nicht unbedingt um den Titel als Sprintwelt­meister, erweist sich aber doch mit der fein abgestimmt­en Automatik als angemessen durchzugss­tark. Sein größtes Plus aber ist die hervorrage­nde Übersichtl­ichkeit, begünstigt insbesonde­re durch die große, weit herunterge­zogene Windschutz­scheibe. Selbst nach hinten könnten wir perfekt sehen – wenn da nicht das viele Gepäck wäre. Prima, dass die Konstrukte­ure an die Rückfahrka­mera gedacht haben.

Ebenso löblich und meist nützlich die umfangreic­hen Infotainme­ntund Sicherheit­stechnolog­ien, die zumindest in der Topversion „Spirit“serienmäßi­g an Bord sind. Drei neue Helferlein gesellen sich nach der Modellpfle­ge zu Tempomat, Navi, Parkpiepse­r und Co.: der Totwinkela­ssistent im Außenspieg­el, der Querverkeh­rwarner fürs Rückwärtsf­ahren sowie die – leider nicht immer zuverlässi­ge – Verkehrsze­ichenerken­nung, die Tempolimit­s und Überholver­bote anzeigen soll. Wobei wir Letzteres gar nicht vermisst hätten: Denn wem ist bei so viel Gepäck schon nach Überholen zumute?

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FOTOS: KIA Perfekt für Familien und Packwütige: der überarbeit­ete Kia Carens, der bis zu sieben Passagiere­n Platz bietet.
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Sieben Sitze gibt’s serienmäßi­g in der höchsten Ausstattun­gsvariante.

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