Jeder fünfte Salafist gewaltbereit
Der bayerische Verfassungsschutz sieht Zahl radikaler Islamisten im Freistaat mit Sorge
NÜRNBERG (lby) - Die als islamistisch eingestufte Salafisten-Szene in Bayern wächst nach Beobachtungen des Verfassungsschutzes weiter. Inzwischen liege das Potenzial bei rund 670 Personen; 20 Prozent von ihnen ließen sich dem gewaltorientierten Spektrum zuordnen, berichtete der Präsident des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Burkhard Körner, am Dienstag in Nürnberg.
Die Zahl dürfe allerdings nicht mit der Zahl der als Gefährder eingestuften Islamisten verwechselt werden. Diese liege deutlich niedriger, sagte Körner, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Noch im Januar hatte das Innenministerium von 16 Gefährdern gesprochen. Nach informierten Kreisen liegt sie inzwischen im Freistaat mehr als doppelt so hoch.
Die Schwerpunkte der SalafistenBewegung liegen nach Körners Angaben in Nürnberg und München. Gruppen gebe es aber auch in einigen kleineren Städten wie in Weiden in der Oberpfalz. Allerdings sei die Zahl der öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Salafisten stark gesunken. „Das zeigt, dass die Sicherheitsbehörden dem salafistischen Aktionspotenzial entgegenwirken“, sagte Bayerns oberster Verfassungsschützer. Salafisten verlagerten ihre Missionierungsbestrebungen zunehmend ins Internet. So sei die Zahl der deutschsprachigen Webseiten der Salafistenszene stark gestiegen. „Immer mehr salafistische Vereine, Netzwerke und Einzelpersonen richten sogenannte Missionierungsseiten ein, die sich wiederum untereinander stark vernetzen“, erläuterte Körner. Die Staatsanwaltschaft München ermittle derzeit gegen einen Teil der Gruppe wegen des Verdachts, terroristische Vereinigungen im Ausland unterstützt zu haben.
Sorge bereiten dem bayerischen Verfassungsschutz auch die Entwicklungen in der rechtsextremen Szene in Bayern. Zwar seien mit dem Verlust mehrerer Führungspersönlichkeiten die Aktivitäten der Szene vor allem in Mittelfranken rückläufig. Parallel dazu beobachte der Verfassungsschutz aber ein „Ausfransen des Rechtsextremismus“, berichtete Körner. Verfassungsschützer bekämen es dabei zunehmend mit Personen zu tun, die zwar keiner geschlossenen rechtsextremen Gruppe angehören, aber beeinflusst von Hetzseiten im Internet ihr eigenes Weltbild formten.