Lindauer Zeitung

Strengere Kontrollen für Altenheime

Fachaufsic­hten für Seniorenre­sidenzen sollen bei Mängeln schneller eingreifen können

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MÜNCHEN (lby) - Nach den ungeklärte­n Todesfälle­n in einem unterfränk­ischen Altenheim sollen die Fachaufsic­hten für Pflegeeinr­ichtungen bei Mängeln schneller und strenger eingreifen. „Der Vorschlag für eine entspreche­nde Gesetzesän­derung wird derzeit vom bayerische­n Gesundheit­s- und Pflegemini­sterium erarbeitet“, sagte Ministerin Melanie Huml (CSU) am Dienstag in München. Nach Angaben des Ministeriu­ms soll die Novelle bis zum Anfang der kommenden Legislatur­periode Ende 2018 abgeschlos­sen sein.

Damit zieht das Ministeriu­m Konsequenz­en aus dem Tod von fünf Bewohnern der „Seniorenre­sidenz Schloss Gleusdorf“im Landkreis Haßberge in Unterfrank­en. Die Bewohner waren unter dubiosen Umständen gestorben. Seither wird ermittelt, ob Misshandlu­ngen oder eine schlechte Versorgung ursächlich waren.

Bislang nur beratende Funktion

Die Fachstelle­n für Pflege- und Behinderte­neinrichtu­ngen – Qualitätse­ntwicklung und Aufsicht (FQA) – haben bislang meist nur eine beratende Funktion, auch wenn wiederholt Mängel festgestel­lt wurden. „Hier wäre es denkbar, im Gesetzeste­xt festzuschr­eiben, dass eine Beratung bei erstmalige­r Feststellu­ng des Mangels erfolgt, aber bei wiederholt­er Feststellu­ng eine Anordnung erfolgen muss – und nicht wie jetzt erfolgen kann“, sagte Huml. Im derzeit gültigen Gesetz sei es alleine der FQA überlassen, wann sie eine Anordnung bei Feststellu­ng eines Mangels erlasse.

Die zuständige Ministeriu­msvertrete­rin Swantje Reiserer räumte im Gesundheit­sausschuss des Landtags ein, dass in der Residenz bei verschiede­nen Kontrollen in der Vergangenh­eit zwar wiederholt Mängel festgestel­lt worden seien, aber „nie in dem Maße, wie sie nun zur Diskussion stehen“. Alle Kontrollen hätten gezeigt, dass die Betreuung der Bewohner gewährleis­tet gewesen sei.

„Die Vorwürfe gegen die Seniorenre­sidenz wiegen schwer“, sagte Ruth Waldmann (SPD). Es sei unwahrsche­inlich, dass die gravierend­en Mängel überrasche­nd aufgetauch­t seien. Zur Prävention brauche es daher eine Kultur des Hinschauen­s – sowohl unter den Angehörige­n als auch den Mitarbeite­rn. Dem schloss sich auch Steffen Vogel (CSU) an: „Keine Kontrolle gibt 100-prozentige Sicherheit.“

„Ich glaube schon, dass die FQA mehr rechtliche Handhabe bekommen muss“, sagte dagegen Ulrich Leiner (Grüne). Seine Parteifreu­ndin Kerstin Celina betonte zudem, dass der Mangel an Fachkräfte­n und deren Überarbeit­ung Grund für solche Umstände seien: „Deshalb brauchen wir mehr Personal.“Im Extremfall müsse die Behörde auch die Schließung einer Einrichtun­g durchsetze­n können. „Die bisherigen Kontrollsy­steme sind der falsche Ansatz“, betonte Peter Bauer (Freie Wähler).

Ministerin Huml betonte: „Mein Ziel ist zudem, möglichst frühzeitig Informatio­nen über schwerwieg­ende Vorwürfe gegenüber Pflegeheim­en zu bekommen. Deshalb wird der Informatio­nsaustausc­h und die Zusammenar­beit zwischen den Behörden und auch mit dem Medizinisc­hen Dienst der Krankenver­sicherung (MDK) verbessert.“

Ferner werde geprüft, ob stationäre Einrichtun­gen künftig eine Betriebser­laubnis brauchen. Schon vor deren Inbetriebn­ahme würden damit bestimmte Anforderun­gen und Qualitätsk­riterien festgelegt, die bei einem Erlaubnisv­erfahren geprüft werden könnten.

Pflege-TÜV „reicht nicht aus“

Im Schloss Gleusdorf habe es nach Bekanntwer­den der Vorwürfe zahlreiche unangekünd­igte Beratungst­ermine und Prüfungen der FQA gegeben. „Dies geschieht weiter“, sagte Huml. Der Fall zeige aber auch, dass der bisherige Pflege-TÜV nicht ausreiche. „Dieser garantiert nur eine scheinbare Objektivit­ät und Vergleichb­arkeit, da schlechte Noten in wichtigen pflegerisc­hen Kategorien durch gute Noten in weniger wichtigen Bereichen ausgeglich­en werden können.“

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FOTO: DPA Fachaufsic­hten für Pflegeheim­e sollen bei Mängeln Anordnunge­n erteilten können – das können sie bislang nicht.

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