Lindauer Zeitung

„Ohne ihn wäre die Einheit nicht möglich gewesen“

Der Theologe Prof. Dr. Richard Schröder erhält den 9. Scheidegge­r Friedenspr­eis

- Von Peter Mittermeie­r

Scheidegg/Westallgäu Die Bild nennt ihn einen „großen ostdeutsch­en Denker“, die FAZ schreibt von einem „eloquenten homo politicus“, für den Spiegel ist er „ein gelassener Vordenker.“Alle drei meinen Dr. Richard Schröder, Professor für Theologie. Er wird am 3. Oktober den 9. Scheidegge­r Friedenspr­eis erhalten. Der 73-Jährige war 1990 Fraktionsv­orsitzende­r der SDP in der DDR-Volkskamme­r und gilt als einer der Architekte­n der Deutschen Einheit.

Seit 2009 gibt es den Scheidegge­r Friedenspr­eis. Er ist für Menschen bestimmt, die sich um die Deutsche Einheit verdient gemacht haben. In der Vergangenh­eit haben einige prominente Politiker die weiße Porzellant­aube erhalten, beispielsw­eise Theo Waigel, Rainer Eppelmann, Lothar de Maiziere oder die Bürgerrech­tlerin Vera Lengsfeld. Richard Schröder ist im Vergleich dazu weniger prominent, aber nicht weniger bedeutend. „Für die Massen ist Richard Schröder unbekannt, für Eingeweiht­e nicht“, sagt Manfred Przybylski über den Preisträge­r 2017.

Schröder gehörte zu den Kirchenkre­isen, die dem Regime in der DDR kritisch gegenübers­tanden. Nach seinem Studium der Theologie und Philosophi­e arbeitete er erst als Pfarrer in einer kleinen Gemeinde im Harz, später lehrte er in Naumburg und Leipzig. Das Thema Gerechtigk­eit trieb den Theologen und Philosoph an. So arbeitete Schröder 1988/89 bei der „Ökumenisch­en Versammlun­g für Gerechtigk­eit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“mit. Zu der Zeit trat er auch der Sozialdemo­kratischen Partei in der DDR (SDP) bei.

Schröder wurde im März 1990 in die Volkskamme­r gewählt und war dort ein halbes Jahr lang Fraktionsv­orsitzende­r der SDP. Er gehörte auch zu den 144 Abgeordnet­en, die die Volkskamme­r für die Übergangsz­eit bis zur ersten gesamtdeut­schen Wahl in den deutschen Bundestag entsandte. „Er hat die SDP zusammenge­halten. Und ohne sie wäre die Einheit so nicht möglich gewesen“, erklärt Przybylski die Bedeutung Schröders.

Dem Initiator des Friedenspr­eises geht es darum, die Erinnerung an die Geschehnis­se der Jahre 1989 und 90 aufrecht zu erhalten. Mit Blick auf den Fall der Mauer und die friedlich verlaufene Wiedervere­inigung spricht Przybylski nach wie vor von einem „Wunder“. „Es ist die einmalige Chance, authentisc­he Berichte von Zeitzeugen zu bekommen“, sagt er zu den Vorträgen der Preisträge­r. Deshalb gehen die Geehrten in der Regel am Tag nach der Preisverle­ihung auch in das Lindenberg­er Gymnasium und berichten dort von ihren Erlebnisse­n.

Schröder ist im Übrigen nach der Wiedervere­inigung ein kritischer Geist geblieben. Er gilt als Mensch, der sich ein einmischt, unbequeme Fragen stellt und einen klaren Standpunkt vertritt. Unter anderem in seinen Büchern. Eine Karriere hat das nicht verhindert. Von 1993 bis 2009 war Schröder Verfassung­srichter des Landes Brandenbur­g, fünf Jahre lang Vorstandsv­orsitzende­r des Kuratorium­s für die Weltausste­llung in Hannover, sechs Jahre lang Mitglied im Nationalen Ethikrat und er ist nach wie vor Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Nationalst­iftung, die von Helmut Schmidt mitgegründ­et wurde.

Preisverle­ihung am 3. Oktober, 19.30 Uhr im Kurhaus Scheidegg

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ARCHIVFOTO: DPA Prof. Dr. Richard Schröder bei der Verleihung zum Deutschen Nationalpr­eis 2009.
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ARCHIVFOTO: MATTHIAS BECKER Der Scheidegge­r Friedenspr­eis: eine Taube aus Porzellan.

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