Kinderpornos im Internet verbreitet
Oberallgäuer hat 156 Videos und 469 Bilder von Minderjährigen auf dem Computer – Zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt
OBERALLGÄU - Entblößte Siebenjährige, Achtjährige, die von Erwachsenen missbraucht oder Zehnjährige, die zu sexuellen Handlungen gezwungen werden – Es ist eine Liste unfassbarer Grausamkeiten, verübt an wehrlosen Kindern, die der Staatsanwalt zum Auftakt der Verhandlung am Amtsgericht Sonthofen mit ruhiger Stimme verliest. Gezeigt werden diese Handlungen auf 156 Videos und 469 Bildern, die Ermittler der Kriminalpolizei bei einer Wohnungsdurchsuchung im Oktober 2016 auf Computern eines 58-jährigen Oberallgäuers entdeckten. Jetzt sitzt der Angeklagte im Gerichtssaal. Seinen Blick hat er auf die Tischplatte vor sich gerichtet, seine Arme verschränkt. Er soll die Aufnahmen nicht nur besessen, sondern auch im Internet weitergegeben haben. Deshalb ist er neben dem Besitz auch wegen der Verbreitung von Kinderpornos angeklagt.
Ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung lautet das Urteil nach der zweistündigen Verhandlung am Amtsgericht Sonthofen. Der Staatsanwalt lässt offen, ob er Rechtsmittel einlegt. Er hat eine höhere Strafe gefordert. Richterin Brigitte GramatteDresse wendet sich nach der Urteilsverkündung direkt an den Angeklagten: „Das Leben dieser Kinder wird zerstört, damit sich Menschen wie Sie daran ergötzen können. So machen Sie sich mitschuldig.“Der 58Jährige muss 400 Stunden gemeinnütziger Arbeit leisten und sich einer Therapie unterziehen. Wird das Urteil rechtskräftig, steht er vier Jahre lang unter Bewährung. Während dieser Zeit muss er die Inhalte seines Computers jederzeit den Behörden zugänglich machen. „Wenn da nur ein Bild ist, gehen Sie ins Gefängnis“, sagt die Richterin.
„Ich will nichts beschönigen, ich habe dummen Mist gemacht“, sagt der Angeklagte zum Prozessauftakt. Er habe sich in einer schwierigen Lebensphase befunden. Er räumt ein, die Videos und Bilder besessen zu haben, bestreitet jedoch, sie bewusst verbreitet zu haben. „Ich wusste, dass ich die Sachen herunterlade, aber nicht, dass ich sie hochlade.“Besorgt hatte er sich die Aufnahmen über das Programm „E-Mule“. Die Software, die sich jeder legal herunterladen kann, dient dem Austausch von Dateien, erklärt ein ComputerSachverständiger vor Gericht.
Er habe das Programm installiert, um Fernsehserien wie „Essen und Trinken“und „Die Alpen von oben“zu finden, sagt der Angeklagte. Dabei sei er zufällig auf die Kinderpornos gestoßen. Er habe sich die Aufnahmen angesehen und dann wieder gelöscht. Wie das Programm funktioniert, will der 58-Jährige, der vier Laptops und noch mehr externe Festplatten zu Hause hatte, nicht gewusst haben.
Verbreitung in Kauf genommen
Der Staatsanwalt glaubt ihm das nicht: „Das Programme ist eine Tauschbörse, deshalb war Ihnen bekannt, dass die Aufnahmen verbreitet wurden“, sagt er dem Angeklagten. Zudem habe sich der 58-jährige arbeitslose Verwaltungsangestellte intensiv mit Computern beschäftigt. „Er hat in jedem Fall billigend in Kauf genommen, dass auch andere Nutzer auf die Dateien zugreifen können“, sagt der Staatsanwalt, der die Vielzahl der heruntergeladenen Dateien über einen Zeitraum von über zwei Jahren betonte – der Experte listet über 6000 Dateien auf. „Es waren nicht zwei oder drei Clicks.“Der Staatsanwalt fordert ein Jahr und zwei Monate. Anlass für eine Bewährung sieht er nicht. Auch weil der Angeklagte einschlägig vorbestraft ist: wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und dem Verbreiten von Kinderpornografie.
„Er hat die Bilder nicht mit Vorsatz verbreitet“, sagt dagegen der Verteidiger. Der Angeklagte willigte einer Therapie zu: „Mir wäre es ganz recht, um sicherzugehen, dass es nicht wieder passiert.“