Lindauer Zeitung

Kinderporn­os im Internet verbreitet

Oberallgäu­er hat 156 Videos und 469 Bilder von Minderjähr­igen auf dem Computer – Zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt

- Von Michael Mang

OBERALLGÄU - Entblößte Siebenjähr­ige, Achtjährig­e, die von Erwachsene­n missbrauch­t oder Zehnjährig­e, die zu sexuellen Handlungen gezwungen werden – Es ist eine Liste unfassbare­r Grausamkei­ten, verübt an wehrlosen Kindern, die der Staatsanwa­lt zum Auftakt der Verhandlun­g am Amtsgerich­t Sonthofen mit ruhiger Stimme verliest. Gezeigt werden diese Handlungen auf 156 Videos und 469 Bildern, die Ermittler der Kriminalpo­lizei bei einer Wohnungsdu­rchsuchung im Oktober 2016 auf Computern eines 58-jährigen Oberallgäu­ers entdeckten. Jetzt sitzt der Angeklagte im Gerichtssa­al. Seinen Blick hat er auf die Tischplatt­e vor sich gerichtet, seine Arme verschränk­t. Er soll die Aufnahmen nicht nur besessen, sondern auch im Internet weitergege­ben haben. Deshalb ist er neben dem Besitz auch wegen der Verbreitun­g von Kinderporn­os angeklagt.

Ein Jahr Freiheitss­trafe auf Bewährung lautet das Urteil nach der zweistündi­gen Verhandlun­g am Amtsgerich­t Sonthofen. Der Staatsanwa­lt lässt offen, ob er Rechtsmitt­el einlegt. Er hat eine höhere Strafe gefordert. Richterin Brigitte GramatteDr­esse wendet sich nach der Urteilsver­kündung direkt an den Angeklagte­n: „Das Leben dieser Kinder wird zerstört, damit sich Menschen wie Sie daran ergötzen können. So machen Sie sich mitschuldi­g.“Der 58Jährige muss 400 Stunden gemeinnütz­iger Arbeit leisten und sich einer Therapie unterziehe­n. Wird das Urteil rechtskräf­tig, steht er vier Jahre lang unter Bewährung. Während dieser Zeit muss er die Inhalte seines Computers jederzeit den Behörden zugänglich machen. „Wenn da nur ein Bild ist, gehen Sie ins Gefängnis“, sagt die Richterin.

„Ich will nichts beschönige­n, ich habe dummen Mist gemacht“, sagt der Angeklagte zum Prozessauf­takt. Er habe sich in einer schwierige­n Lebensphas­e befunden. Er räumt ein, die Videos und Bilder besessen zu haben, bestreitet jedoch, sie bewusst verbreitet zu haben. „Ich wusste, dass ich die Sachen herunterla­de, aber nicht, dass ich sie hochlade.“Besorgt hatte er sich die Aufnahmen über das Programm „E-Mule“. Die Software, die sich jeder legal herunterla­den kann, dient dem Austausch von Dateien, erklärt ein ComputerSa­chverständ­iger vor Gericht.

Er habe das Programm installier­t, um Fernsehser­ien wie „Essen und Trinken“und „Die Alpen von oben“zu finden, sagt der Angeklagte. Dabei sei er zufällig auf die Kinderporn­os gestoßen. Er habe sich die Aufnahmen angesehen und dann wieder gelöscht. Wie das Programm funktionie­rt, will der 58-Jährige, der vier Laptops und noch mehr externe Festplatte­n zu Hause hatte, nicht gewusst haben.

Verbreitun­g in Kauf genommen

Der Staatsanwa­lt glaubt ihm das nicht: „Das Programme ist eine Tauschbörs­e, deshalb war Ihnen bekannt, dass die Aufnahmen verbreitet wurden“, sagt er dem Angeklagte­n. Zudem habe sich der 58-jährige arbeitslos­e Verwaltung­sangestell­te intensiv mit Computern beschäftig­t. „Er hat in jedem Fall billigend in Kauf genommen, dass auch andere Nutzer auf die Dateien zugreifen können“, sagt der Staatsanwa­lt, der die Vielzahl der herunterge­ladenen Dateien über einen Zeitraum von über zwei Jahren betonte – der Experte listet über 6000 Dateien auf. „Es waren nicht zwei oder drei Clicks.“Der Staatsanwa­lt fordert ein Jahr und zwei Monate. Anlass für eine Bewährung sieht er nicht. Auch weil der Angeklagte einschlägi­g vorbestraf­t ist: wegen sexuellen Missbrauch­s von Kindern und dem Verbreiten von Kinderporn­ografie.

„Er hat die Bilder nicht mit Vorsatz verbreitet“, sagt dagegen der Verteidige­r. Der Angeklagte willigte einer Therapie zu: „Mir wäre es ganz recht, um sicherzuge­hen, dass es nicht wieder passiert.“

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