Manege frei für Vater, Mutter und Kind
Der kleine Zirkus Serano gastiert Samstag und Sonntag in Esseratsweiler
ACHBERG-ESSERATSWEILER (roi) Das schwarze Lama blickt mit großen Augen die Besucher an. Es hat sich längst im Ort herumgesprochen, dass der Zirkus „Serano“in der Schmittenhalde in Esseratsweiler angekommen ist. Samstag und Sonntag heißt es „Manege frei“. Die vierköpfige Familie Serano hofft, dass das kleine Zelt voll wird. Denn für solche Mini-Unternehmen wird es immer schwieriger, zu überleben.
Eigentlich ist es nur ein Vorzelt, das Mario Serano in Esseratsweiler aufbaut. Mehr Platz hat er nicht. Aber es wird reichen, um den Zuschauern sein gewohntes Programm zu zeigen. „Wir haben alles, was ein klassischer Zirkus hat“, sagt der 29Jährige stolz, während er in seine etwas zu große schwarze Zirkusjacke schlüpft. Wir, dass sind er und seine Frau Laijana, Sohn Jernando und das neunmonatige Töchterchen. Dazu kommen Lamas, Ziegen, Ponys und ein Pferd. Das ist der ganze Zirkus Serano. Die Achberger Zuschauer werden alle in der Manege sehen. Nur das Baby hat noch Pause.
Die kleine Familie hat ihr ganzes Leben, ihr ganzes Hab und Gut dabei. Mit Wohnwagen, Anhängern, Transportwagen und ihren Tiere reist sie von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt. Selbst im Winter haben die Seranos kein festes Lager. „Wir spielen im Sommer und im Winter durch. Sonst kannst Du nicht leben“, sagt Mario Serano. Was ihn am Zirkusleben reizt? „Wir kennen nichts anderes“, sagt er schulterzuckend. Er und seine Frau sind als Zirkuskinder in der Manege groß geworden. Doch wenn er zurückblickt, muss er feststellen: „Es ist mittlerweile alles schwerer geworden.“
Herzlich willkommen sind die Zirkusleute nur selten. Es sei schon schwer, überhaupt einen Platz zu finden, an dem der Zirkus seine Zelte aufschlagen darf. Und wenn Mario dann seine Flyer verteilt, gebe es immer mal wieder böse Kommentare. „Manche Menschen reagieren abstoßend auf Zirkusleute“, sagt Mario nüchtern. Er weiß aber auch: „Wenn wir dann wieder wegfahren, dann sind wir bei den Kindern in Schule und Kindergarten das Gesprächsthema.“Man müsse sich im Dorf halt erst mal beweisen, so seine Erfahrung.
Umso überraschter waren die Seranos bei ihrer Ankunft in Achberg. Für Strom und Wasser war bereits gesorgt, so dass die Tiere in der Hitze gleich eine Erfrischung bekamen. „Da muss ich dem Bürgermeister und dem Bauhof ein großes Lob aussprechen“, sagt er. Auch wenn es auf Dörfern generell besser laufe als in Städten: „Das ist wirklich nicht immer so.“
Dompteur, Jongleur und Artist gleichzeitig
Bunte Länder-Fähnchen wehen am Zaun im Eingangsbereich, der Kassenwagen ist bereits aufgebaut. Jetzt folgt das kleine Zelt, alles in erprobter Hand- und Partnerarbeit. Die Tiere liegen im Schatten. Die einen im Tierzelt, die anderen im Auslauf. Laijana mistet aus, während die Ziegen ihren Blick scheinbar gelassen über das Neubaugebiet schweifen lassen. Doch als Mario dem Pferd das Halfter anlegt, stellt es seine Ohren erwartungsvoll auf. Die Ziegen meckern lautstark, plötzlich sind alle Blicke auf den Chef gerichtet: Aufbruchstimmung liegt in der Luft. Doch jetzt ist nur der Hengst dran er darf fürs Fotoshooting mit der LZ zeigen, was er kann. Die anderen müssen sich noch gedulden.
In der Show ist Mario Tierdompteur, Jongleur, Artist und Feuerschlucker gleichzeitig. Seine Frau zeigt ihr Können bei einer Hula-Hoop-Show, Sohn Jernando soll als Clown die Kinder zum Lachen bringen. Viel proben muss Mario Serano nicht für seine Kunststücke. „Das ist Routine“, sagt er, schließlich mache er das schon seit Jahren. Sein Zeitplan ist ohnehin eng. Neben den Vorstellungen muss er die Tiere versorgen, Flyer verteilen, damit das Zelt voll wird, und sich überlegen, wohin die Reise weitergeht.
Langfristig zu planen sei schwierig. Schließlich seien noch viele andere Zirkusse im Land unterwegs, und nicht überall, wo er hinwill, bekommt der kleine Zirkus auch eine Genehmigung. Die nächste Station steht mit Hergensweiler schon fest. Zwei Auftritte in Achberg - und dann heißt es schon bald wieder zusammenpacken und weiterreisen.
Jernando kennt es nicht anders. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn er im September in die Schule kommt. „Dann geht er halt immer da in die Schule, wo wir gerade sind“, erklärt sein Vater den Alltag von Zirkuskindern. Was anderes als Zirkus kommt für den 29-Jährigen nicht in Frage. „Über so was denkt man gar nicht nach. Es ist so und dann bleibt es so.“