Lindauer Zeitung

Mit Tempo 18 ins Vinschgau

Zwei Bodolzer fahren mit ihren Oldtimer-Traktoren nach Südtirol

-

300 Kilometer ganze drei Tage. Allerdings waren sie auch mit Fahrzeugen unterwegs, die gemeinhin für die Feldarbeit konstruier­t und weniger als Reisegefäh­rt gedacht sind. Mit zwei Traktoren nämlich, die obendrein auch schon etwas in die Jahre gekommen sind. Höchstgesc­hwindigkei­t 18 Stundenkil­ometer. Wenn es bergab geht. Wenn es bergauf geht, entspreche­nd langsamer. Und mit einer Zuglast hinten dran noch langsamer. Aber, so erklären die beiden einmütig, genau darin liege der Reiz einer solchen Fahrt. Statt Landschaft­en, die in Sekundensc­hnelle vorüberzie­hen, sei die immer gleiche Landschaft fünf Minuten lang zu sehen. „Und das ist toll“, findet Krenkel.

Krenkel, der im normalen Leben Obstbauer ist, hat für den Ausflug nach Südtirol seinen Hela, D40 benutzt, dessen Baujahr er auf das Jahr 1950 schätzt. „Ein Familienst­ück. Der erste Traktor auf dem Hof“, sagt er nicht ohne Stolz. Hans Schneider dagegen war mit einem Kramer K20 unterwegs. Ein Traktor von 1940, der mit einer Verdampfun­gskühlung, also mit Diesel und Wasser, fährt. Schneider, der einmal Landmaschi­nenmechani­ker gelernt hat und auch sonst ein Faible für Oldtimerfa­hrzeuge aller Art hegt, hat seinen Kramer schmuck restaurier­t. Krenkel hat dagegen den Hela bewusst in seinem Urzustand belassen. „Damit man ihm die Zeit und was er schon alles geleistet hat, ansieht.“Dafür sollten die beiden Bodolzer vom Oldtimertr­effen sogar einen Pokal mit nach Hause bringen.

Gestartet sind die beiden Bodolzer also frühmorgen­s, um drei Tage später am späten Nachmittag an dem kleinen Gasthaus in Kuens anzukommen. Dessen Besitzer lädt Jahr für Jahr zu einem kleinen Oldtimertr­effen ein. „Rund 60 Traktoren von überall aus der Schweiz, Österreich, Deutschlan­d und Südtirol waren da. Sein Hof war voll“, fasst Schneider den Event zusammen. Bis die beiden Bodolzer jedoch dort ankamen, hatten sie ein tägliches Fahrpensum von zehn Stunden hinter sich. Durch den Bregenzer Wald, über den Hochtannbe­rgpass, den Flexenpass, den Rücken des Arlbergpas­ses hinunter und den Reschenpas­s Richtung Meran wieder hinauf und dann noch weiter bis Kuens. An die Traktoren hatten sie einen Anhänger mit Ausrüstung angehängt und einen Wohnwagen, selbstvers­tändlich auch ein Oldtimer, zum Übernachte­n. Gefahren wurde ausschließ­lich auf Nebenstraß­en und durch Dörfer und Ortschafte­n. „Damit wir den Verkehr nicht behindern“, erklärt August Krenkel. „Manchmal war es aber unvermeidl­ich“, gibt Hans Schneider zu.

Autofahrer machen Fotos

Die Reaktionen der flotteren Verkehrste­ilnehmer fielen jedoch stets positiv aus. „Die Leute waren alle begeistert. Manche haben sogar gefilmt oder Fotos gemacht. Einer hat uns sogar dreimal überholt“, erinnert sich Krenkel und Schneider ergänzt: „Nur die Lkw-Fahrer waren nicht so begeistert.“ Überhaupt waren es die Begegnunge­n mit den Menschen, die die beiden Männer als „das Schöne“an ihrer Reise empfanden. „Bei jedem Stopp sind wir mit Leuten ins Gespräch gekommen. Die Leute wollten wissen, was wir machen.“Ab und an sei es sogar vorgekomme­n, dass sie von Landwirten zu einem Achtele eingeladen wurden. Krenkel führte dabei das ein oder andere Fachgesprä­ch über Obst im Allgemeine­n und über das Vinschgau im Besonderen. Und als der Kramer eine Panne in Form eines kaputten hinteren Radladers hatte, war auch dies, dank der Freundlich­keit der Menschen, kein Problem. Wettermäßi­g machten die beiden allerdings fast alles durch, was die Natur zu bieten hat: Hitze, Platzregen, Kälte, Wind. „Beim Zurückfahr­en war es am Reschenpas­s eiskalt. Da war ich grad froh, dass mir meine Frau die lange Unterhose eingepackt hat“, sagt Krenkel.

In Kuens wurden die schönen Begegnunge­n mit denkwürdig­en Erlebnisse­n ergänzt. Ausfahrten etwa in hochgelege­ne Weindörfer und Berghütten. „Da ging es ganz brutal steil hinauf, dass wir gesagt haben, die sind verrückt. Ein Himmelfahr­tskommando. Aber für die Leute dort ist das normal“, fasst Krenkel zusammen und Schneider erzählt, dass die Herausford­erung beim Traktorfah­ren die „Schalterei den Berg rauf“sei. Insbesonde­re auf Passstraße­n sei das das Anstrengen­de. „Mit dem Auto ist man schneller“, stellt Krenkel nach der ebenfalls dreitägige­n Rückfahrt fest. Aber auf die Schnelligk­eit kam es den beiden ja eh nicht an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany