Priesterweihe und Primizen im Stundentakt
Sieben Diakone der Petrusbruderschaft werden in der Lindenberger Stadtpfarrkirche zu Priestern geweiht
LINDENBERG - Sieben Diakone der Petrusbruderschaft haben am Samstag in der Lindenberger Stadtpfarrkirche die Priesterweihe empfangen. Tags darauf feierten sie quasi im Stundentakt Primiz im Westallgäu, die meisten in kleinen Kapellen in der Pfarreiengemeinschaft Heimenkirch-Opfenbach. Das Sakrament spendete Kardinal Raymond Leo Burke – der US-Amerikaner gilt als einer der einflussreichsten Kleriker und Wortführer der Kritiker von Papst Franziskus. Die Petrusbruderschaft unterhält in Wigratzbad ein Priesterseminar. Seit ein paar Jahren werden die Seminaristen am Samstag nach dem 29. Juni (Peter und Paul) im Westallgäu zu Priestern geweiht. Laut Diözese Augsburg war die Weihe in Lindenberg eine erneute Ausnahme.
Mancher Besucher des Wochenmarkts wunderte sich am Samstagmorgen, als die Glocken von St. Peter und Paul zu mächtigem Geläut anhoben. Auch die Lindenberger Katholiken waren nicht über die Priesterweihe informiert worden. Dass die Petrusbruderschaft nicht die benachbarte Sühnekirche Wigratzbad für ihre Priesterweihe nutzt, hat laut Pater Patrick du Faÿ de Choisinet, Leiter des Priesterseminars, praktische Gründe: Diese sei nicht geeignet für die Zeremonie. So können Ambo und Volksaltar nicht verschoben werden. Die Petrusbruderschaft feiert die heilige Messe nach dem tridentinischen Ritus, bei dem der Priester die liturgischen Handlungen am Hochaltar mit dem Rücken zum Volk vornimmt und Texte auf Lateinisch spricht. Sie hält außerdem einen Bischofsthron bei der Priesterweihe für unerlässlich. Dieser findet in der Sühnekirche keinen Platz.
Weihe in Lindenberg erlaubt
Die Diözese beurteilt die Platzfrage anders. „Es ist der ausdrückliche Wunsch des Bistums, dass die Priesterweihen der Petrusbruderschaft in der Pfarreiengemeinschaft Heimenkirch stattfinden. Dort gibt es mit der Pfarrkirche in Heimenkirch eine entsprechend große Kirche“, sagt Bistumssprecher Karl-Georg Michel. Auch die Sühnekirche stehe der Petrusbruderschaft für Priesterweihen zur Verfügung. Wegen der großen Zahl von Weihekandidaten habe man heuer nochmal eine Ausnahme gemacht und – in Absprache mit Stadtpfarrer Joachim Gaida – die Weihe in Lindenberg erlaubt.
Kardinal Burke nahm am Samstag die Priesterweihe in Lindenberg vor. Er gilt als Gegenspieler von Papst Franziskus. Der Kardinal kämpft gegen die Öffnung der katholischen Kirche gegenüber Wiederverheirateten und Homosexuellen. In einem Interview mit der Welt bezeichnete er Homosexualität als eine „Form des Leidens, das bestimmte Menschen befällt“.
Ein weiterer prominenter Würdenträger weihte Ende Mai die sieben Kandidaten in Gestratz zu Diakonen: Wolfgang Haas, der als Bischof von Chur für Aufregung sorgte. Sieben Jahre stand er dem Bistum vor und rief wegen seiner erzkonservativen Auffassungen bei Schweizer Katholiken Widerstand hervor. Wohl um eine Spaltung des Bistums zu verhindern, schuf Papst Johannes Paul II. 1997 das neue Erzbistum Vaduz und setzte Haas als dessen Bischof ein – zum Ärger vieler Gläubigen in Liechtenstein. Sie drohten, die Feier der Einsetzung von Haas mit Güllefässern zu stören. Regierung, Kirchenchor und ein großer Teil des Landtages boykottierten die Amtseinführung.
Zur Priesterweihe der Petrusbruderschaft will Lindenbergs Ortspfarrer Joachim Gaida keinen Kommentar abgeben; sein Vorgänger Leander Mikschl dagegen äußerte sich vor zwei Jahren kritisch. Es irritiere die Gläubigen, wenn in der Stadtpfarrkirche Priester einer Bruderschaft geweiht würden, mit der die Pfarrei sonst nichts zu tun hätte, sagte er. Pfarrgemeinderatsvorsitzende Lucia Giray formuliert vorsichtig, sie empfinde die Belegung der Stadtpfarrkirche als befremdlich – zumal die Bruderschaft im Gegenzug nicht als Aushilfe greifbar ist, „wenn mal Not am Mann ist“.
Im Westallgäu tritt die Petrusbruderschaft, die ihr Priesterseminar neben der Gebetsstätte Wigratzbad unterhält, wenig in Erscheinung. Unter den katholischen Ortspfarrern hat wohl Pfarrer Martin Weber von der Pfarreiengemeinschaft Heimenkirch am häufigsten mit ihr zu tun. Er lädt ihre Priester zuweilen als Aushilfe zu Fronleichnamsprozessionen ein. „Da unterscheiden sich alter und neuer Ritus nicht“, sagt Weber. In normalen Sonntagsmessen sei den Gläubigen aber der tridentinische Ritus nicht zu vermitteln. Die Kirchen seiner Pfarreiengemeinschaft stellt Weber immer mal wieder der Petrusbruderschaft zur Verfügung – freilich nur, wenn es der Gottesdienstplan erlaubt. Für ihre Messfeier stelle die Bruderschaft in den Kirchen einiges um, und manchmal müsse er sie ermahnen, die Gotteshäuser wieder so zu verlassen, wie sie sie vorgefunden hat, sagt Weber. „Sie sind Gäste und sollen sich auch so verhalten. Meistens klappt das gut.“
Frisch geweihten Priestern der Petrusbruderschaft Gotteshäuser für die Primiz zu überlassen, ist laut Martin Weber seit Langem Gepflogenheit in der Pfarreiengemeinschaft. Und so zelebrierten Jungpriester am Sonntag ihre erste Heilige Messe in der Spitalkirche Wangen, der Pfarrkirche Maria-Thann, der Sühnekirche in Wigratzbad, und je zwei von ihnen in den Kapellen in Mywiler und Itzlings. Sie stammen aus Polen, Tschechien, Deutschland und vier aus Frankreich. Laut Pater du Faÿ de Choisinet sind sie inzwischen unterwegs nach Hause, um dort die Heimatprimiz zu feiern.