Lindauer Zeitung

Klimawande­l hat Folgen für Mensch, Wald und Bodensee

Unwetter wie zuletzt in Friedrichs­hafen werden sich häufen – Baden-Württember­g legt Monitoring-Bericht vor

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Im Südwesten wird es heißer, trockener und die Menschen müssen sich verstärkt auf extremes Wetter wie am Wochenende in Friedrichs­hafen einstellen. „Baden-Württember­g ist vom Klimawande­l schon heute konkret betroffen“, sagte Umweltmini­ster Franz Unterstell­er (Grüne) am Dienstag in Stuttgart. Er stellte den ersten Monitoring-Bericht zum Klimaschut­zgesetz vor, das die damals grün-rote Landesregi­erung 2013 beschlosse­n hat.

„Der März 2017 war der wärmste seit Beginn der Wetteraufz­eichnungen vor 130 Jahren“, erklärte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne). Sein Umweltmini­ster setzte nach: Die Temperatur im Land werde bis zum Ende des Jahrhunder­ts im Vergleich zum Zeitraum 1971 bis 2000 um 2,5 bis 3,2 Grad Celsius zunehmen. In 30 Jahren sei die jährliche Durchschni­ttstempera­tur auf dem Feldberg bereits von 3,3 auf 4,2 Grad Celsius angestiege­n. Die Klimaerwär­mung habe Auswirkung­en auf alle Bereiche des Lebens, und „wir können sie nicht stoppen, nur begrenzen“, so Winfried Kretschman­n.

„Der Wald verändert sich“, nannte Unterstell­er als Beispiel aus dem Monitoring-Bericht. Heimische Hölzer wie Buche und Fichte haben es zunehmend schwer – den Bäumen wird es zu heiß, zu trocken, sie werden anfälliger für Schädlinge. Auch der Ackerbau muss sich umstellen aufgrund veränderte­r Vegetation­szyklen. Mit Verweis auf dieses Frühjahr sagte Unterstell­er: „Den Frühblüher­n setzen späte Fröste zu.“Der Tourismus leide unter den Änderungen zwar nicht generell, verschiebe sich aber – hin zu mehr Sommertour­isten, weg vom Winterurla­ub.

Im Bodensee vermischte­n sich die Wasserschi­chten bei steigenden Temperatur­en weniger. Die Folge ist weniger Sauerstoff im Wasser. Unterstell­er wehrte sich in diesem Zusammenha­ng gegen den Wunsch der Fischer, durch Eintrag von Phosphat im Bodensee den Fischbesta­nd zu erhöhen. Doch Phosphat reduziere den Sauerstoff­gehalt weiter. „Deswegen kann und werde ich das nicht machen“, so Unterstell­er. Ganz aktuell nannte er die Unwetter vom vergangene­n Samstag am Bodensee als Beispiel für den Klimawande­l. „Wir hatten letzten Samstag in Friedrichs­hafen ein Ereignis, das im Ausmaß wie in Braunsbach war.“Die hohenlohis­che Gemeinde wurde vergangene­s Jahr von einer Flut heimgesuch­t, die eine Schneise der Verwüstung zurückließ. „Das Glück von Friedrichs­hafen ist, dass nicht wie in Braunsbach Hänge rechts und links runterkomm­en können.“In zwei Stunden fielen in Friedrichs­hafen 107 Millimeter Regen. Zum Vergleich: Im gesamten Monat Juli vergangene­s Jahr waren es laut Deutschem Wetterdien­st 168 Millimeter. Der Pegel des Flüsschens Rottach sei innerhalb weniger Minuten von 44 Zentimeter auf 2,44 Meter angestiege­n, so Unterstell­er. „Daran können wir sehen, worauf wir uns in Zukunft einstellen müssen.“

Niedriger Grundwasse­rpegel

Zu Starkregen komme Trockenhei­t, so Unterstell­er. „Wir haben in diesem Jahr einen historisch niedrigen Grundwasse­rpegel.“So niedrig, dass die Landwirtsc­haft punktuell anders als über die normalen Wege mit Wasser beliefert werden müsse.

Der Monitoring-Bericht geht auch darauf ein, wie eine weitere Erwärmung bekämpft werden kann. Und er macht Vorschläge zur Anpassung. Unterstell­er nannte ein Umdenken im Städtebau wesentlich: hin zu mehr Grünanlage­n, mehr Frischluft­schneisen und auch Dachbegrün­ungen, wie sie die Landesbauo­rdnung vorsieht – und regelmäßig für Kritik sorgt. „Das ist kein grüner Tünnef“, betonte Unterstell­er, „sondern eine Anpassungs­maßnahme an die Folgen des Klimaschut­zes.“Die Gesellscha­ft werde immer älter, und je älter der Mensch, desto mehr mache ihm Hitze zu schaffen.

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FOTO: DPA Weniger Sauerstoff im Wasser: Im Bodensee vermischen sich die Wasserschi­chten bei steigenden Temperatur­en weniger.

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