„Die Kinder spüren, dass etwas im Busch ist“
Jugendamt hält an Heimunterbringung zweier Mädchen fest - Neue Optionen würden jedoch geprüft
LINDAU - Ob es für die beiden einund zweieinhalbjährigen Mädchen noch eine Alternative zum Heim gibt, ist ungewiss: Wie die LZ bereits berichtete, hatte das Lindauer Jugendamt entschieden, die beiden Geschwister in einem Heim am Ammersee unterzubringen, obwohl sich eine erfahrene Lindauer Pflegefamilie angeboten hatte, die Kinder dauerhaft bei sich aufzunehmen. Das Jugendamt signalisiert jetzt aber, dass es auch andere Wege prüfen wird, „sollten sich neue Optionen ergeben“.
Petra Prinz hat ein anstrengendes Wochenende hinter sich. Ständig klingelte das Telefon, viele Menschen, aber auch andere Pflegefamilien hat das Schicksal der beiden Mädchen berührt. Aufatmen kann Petra Prinz, bei der die Schwestern derzeit im Rahmen der Bereitschaftspflege untergebracht sind, aber noch nicht. Noch hat sie keine Entwarnung, dass die beiden Mädchen nicht doch ins Heim an den Ammersee sollen. Noch muss sie davon ausgehen, dass jemand die Kinder Anfang nächster Woche abholt. Deshalb hat sie am Dienstag beim Amtsgericht Wangen per Eilantrag die Vormundschaft/ Pflegschaft beantragt sowie einen vorläufigen „Verbleibensantrag“gestellt. Ihr Ziel: Dass die Kinder wenigstens solange bei ihr bleiben können, bis eine gute, langfristige Lösung für sie gefunden ist.
Auch wenn es selbst in Fachkreisen als ungewöhnlich gilt, zwei so kleine Kinder in einem Heim unterzubringen: Das Jugendamt steht zu seiner Entscheidung. Es habe das Heim „sehr sorgfältig und nach reiflicher Überlegung ausgesucht“, betont Sibylle Ehreiser, Sprecherin des Landratsamtes. „In der ausgesuchten Wohngruppe gibt es ein sehr gutes Angebot speziell für Kleinkinder. Hier werden auch bei einem intensiven und gerade im vorliegenden Fall nicht abschätzbaren Betreuungsbedarf sämtliche Hilfen aus einer Hand Sibylle Ehreiser und vor Ort angeboten“, betont sie. Hier gebe es für die noch sehr kleinen Kinder „konstante Bezugspersonen mit professionellem Hintergrund“, zu denen sie eine gute Bindung aufbauen könnten. Außerdem sei eine „umfängliche Frühförderung“gewährleistet.
„Selbstverständlich sind Kontakte mit den Bezugspersonen wichtig“, betont Ehreiser. Warum die Kinder bis an den Ammersee umziehen sollen und somit nur noch wenig Kontakt zu Oma und Uroma haben könnten, erklärt die Sprecherin des Landratsamtes damit, dass ein vergleichbares Angebot in der näheren Umgebung „leider nicht zur Verfügung“stand. Außerdem sei die Einrichtung, die rund 150 Kilometer entfernt ist, von Lindau aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Darüber kann die Oma der Mädchen, die keinen Führerschein hat, nur den Kopf schütteln. Sie wäre mit dem Zug drei Stunden für einen Weg unterwegs und befürchtet, dass sie die Mädchen dann nur noch selten sehen könnte. „Es beschäftigt uns nichts anderes mehr“, sagt Petra Prinz, die Angst hat, dass die Kinder, die seit März bei ihr leben und ihr ans Herz gewachsen sind, in einem Heim „untergehen“. Als sie darüber nachdachte, die Kinder dauerhaft aufzunehmen, bekam sie vom Jugendamt ebenso eine Absage, wie die Lindauer Pflegefamilie, deren Besuchseinladung die zuständige Sachbearbeiterin noch nicht einmal nachgekommen sei.
„Die Kinder spüren, dass etwas im Busch ist“, sagt Petra Prinz. Gerade die Kleine sei sehr anhänglich. Wie es mit den Geschwistern weitergeht, kann Sibylle Ehreiser nicht sagen, da sie aus Datenschutzgründen keine Auskünfte über Einzelfälle geben darf. Gibt es also keine Alternative mehr zum Heim? „Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint eine Heimunterbringung für das Wohl der Kinder als die geeignetste Lösung“, sagt Ehreiser, räumt aber auch ein: „Sollten sich neue Optionen ergeben, so werden diese, wie in jedem Fall, geprüft und die Situation neu bewertet.“
„Heimunterbringung erscheint für das Wohl der Kinder die geeignetste Lösung“