Kein Konsens zum Pflegeheim Achberg
Bürgermeister Aschauer: „Ambulante Wohngemeinschaft ist mein politisches Ziel“
ACHBERG - Die Zukunft des Senioren-Pflegeheims im Ortsteil Esseratsweiler bewegt die Achberger Bürger. Über 200 von ihnen kamen zu einem Informationsabend, an dem die beiden Wangener Landtagsabgeordneten Petra Krebs (Grüne) und Raimund Haser (CDU), der Leiter der Heimaufsicht beim Landratsamt Ravensburg, Dr. Michael Föll, und auch der langjährige Pächter und Heimleiter Kurt Hofmann Stellung bezogen. Nach mehr als zwei Stunden war klar: Es gibt zwei unterschiedliche Positionen – und keine erkennbare Annäherung.
Auslöser der seit Wochen im Ort anhaltenden Diskussionen rund um das Pflegeheim ist die seit 2009 geltende Landesheimbau-Verordnung von Baden-Württemberg. Diese schreibt grundsätzlich eine Unterbringung in mindestens 14 Quadrameter großen Einzelzimmern mit zugeordneter Sanitäreinheit vor, wie Michael Föll erläuterte. Allerdings: „Der Gesetzgeber lässt Ausnahmen zu, die hier in Achberg unter Umständen greifen.“Das setze allerdings die Prüfung eines entsprechenden Antrages voraus. Und der sei bislang bei der Heimaufsicht nicht eingegangen.
Heimleiter Hofmann verwies auf die „ermessenslenkenden Richtlinien“zu der Verordnung, die erst seit 2015 vorliegen. Danach solle es bei Heimen mit weniger als 20 Plätzen „generell eine Einzelfallentscheidung und eine großzügige Behandlung“geben. Das Heim in Achberg hat derzeit 18 Bewohner. Ein Gutachten, dass sich das Pflegeheim in Achberg wirtschaftlich nicht betreiben lässt, wenn es entsprechend der Landesheimbau-Verordnung umgebaut werde, habe der Gemeinderat im Februar in Auftrag gegeben, erinnerte Hofmann. Ein Anruf von Heimaufsichtsleiter Föll bei Bürgermeister Aschauer im März habe aber dazu geführt, dass dies nicht weiter verfolgt wurde. Darin habe Föll deutlich gemacht, dass das Achberger Pflegeheim keine Zukunft habe. Bei dieser Einschätzung habe er sich nicht allein auf die baulichen Voraussetzungen gestützt, machte Föll deutlich. Vielmehr habe er darauf verwiesen, dass schon jetzt ein wirtschaftlicher Betrieb nur deshalb möglich sei, weil der bisherige Pächter sich „bis hin zur Selbstaufgabe“engagiere.
„Absolut modernes Konzept“
Petra Krebs machte deutlich, dass sie hinter der Verordnung und insbesondere der Forderung nach EinBett-Zimmern stehe. Denn nur so könne die Würde und Privatsphäre eines Menschen gewahrt werden. Aus ihrer Sicht ist die auch von Bürgermeister Aschauer favorisierte Umwandlung von der stationären Betreuung in eine ambulante Betreuung innerhalb einer Senioren-Wohngemeinschaft ein „absolut modernes Konzept“. Das gelte insbesondere auch, weil für herkömmliche Pflegeheime „langfristig zu wenig Personal“vorhanden sei. Nicht zuletzt fördere das Land entsprechende Umbauten mit bis zu 100 000 Euro. Sie riet den Achbergern: „Bleiben Sie auf diesem Weg.“
Raimund Haser sieht in der Landesheimbau-Verordnung „kein Schließungsprogramm für kleine Heime“. Im Gegenteil: Die Zahl kleinerer Heime nehme sogar zu. Auch aus seiner Sicht entfalle bei einer „Senioren-WG“nur die letzte Stufe einer stationären Pflege. Von Beamten wie Michael Föll erwarte er sich, dass diese „auch dann eine Beratungsleistung erbringen, wenn kein Antrag vorliegt.“
Bürgermeister Aschauer machte deutlich, dass er eine solche Wohngemeinschaft mit ambulanter Betreuung durch einen Pflegedienst als „politisches Ziel“anstrebt. Dies entspreche auch dem Ergebnis einer Klausurtagung des Gemeinderates. Allerdings sei das Gremium in seiner letzten Sitzung davon abgewichen und habe sich entschieden, zunächst für den Erhalt des Pflegeheimes in seiner jetzigen Form zu kämpfen. Gegen diesen Beschluss hatte Aschauer Widerspruch eingelegt. Dies ist Thema in der öffentlichen Sitzung des Achberger Gemeinderates am heutigen Mittwoch, 12. Juli, die um 19.30 Uhr in der Achberghalle beginnt.