Lindauer Zeitung

„Das habe ich nach 34 Jahren nicht verdient“

Gerd Zimmer legt Amt als Ortsheimat­pfleger in Weiler-Simmerberg nieder – Anlass ist Kritik vom Bürgermeis­ter

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WEILER-SIMMERBERG - Kein Heimatpfle­ger im Westallgäu ist so lange im Dienst gewesen wie er: 34 Jahre lang hat Gerd Zimmer das Ehrenamt ausgeübt, einige historisch­e Theaterstü­cke geschriebe­n, das Weilerer Heimatbuch mitverfass­t, das Kornhausse­minar organisier­t, Bürgern bei Recherchen geholfen und noch sehr viele andere Dinge getan. Ende Juni war Schluss. Aus Enttäuschu­ng über Bürgermeis­ter KarlHeinz Rudolph hat der 67-Jährige das Amt niedergele­gt. Peter Mittermeie­r hat mit ihm darüber gesprochen.

Ihr Verhältnis mit Bürgermeis­ter Rudolph ist seit Längerem angespannt. Warum treten Sie jetzt zurück?

Wir sind sicher keine Freunde, die Meinungsve­rschiedenh­eiten wären aber nicht unüberbrüc­kbar gewesen. Es geht um einen Bericht über eine Sitzung der Freien Wähler vergangene­n Dezember. Dabei ging es auch um die Aufnahme des Eschenlohr­hauses in die Denkmallis­te. Der Bürgermeis­ter hat damals gesagt, der scheidende Heimatpfle­ger schade der Gemeinde. Ich sehe das wie einen Rausschmis­s. Zum anderen lasse ich mich nicht als Schädling der Gemeinde bezeichnen. Das habe ich nach 34 Jahren nicht verdient. Und ein Bürgermeis­ter hat nicht das Recht, so über ein Ehrenamt zu urteilen. Es gab danach von verschiede­nen Seiten den Versuch, ein klärendes Gespräch herbeizufü­hren. Das hat es nicht gegeben.

Haben Sie selber das Gespräch mit dem Bürgermeis­ter gesucht?

Nein, ich habe den persönlich­en Kontakt nicht gesucht. Ich gehe nicht betteln. Die Ungnade ist von seiner Seite ausgegange­n. Ich habe Herrn Rudolph in einem Brief informiert, dass ich mein Amt als Ortsheimat­pfleger niederlege. Eine Woche später kam ein Brief als Antwort. Dort werde ich wieder mit neuen Vorwürfen überhäuft. Ein persönlich­es Gespräch hätte sicher das eine oder andere klären können.

Sie hatten bei der Verleihung der Bürgermeda­ille 2015 angekündig­t, das Amt niederlege­n zu wollen...

Ich habe das Amt kommisaris­ch ausgeübt und hätte das auch gerne weiter getan. Ich will nicht jammern, das bringt niemanden weiter. Es tut mir aber sehr leid, dass ich das Ehrenamt aufgeben muss.

Gibt es einen Weg zurück?

Nein, auch wenn es mir sehr schwerfäll­t. Ich bin eng mit der Region, vor allem der Gemeinde verbunden. Die Geschichte des Ortes, des Westallgäu­s ist mir ein echtes Anliegen. Deshalb lege ich das Amt auch nicht leichten Herzens nieder. Im kommenden Jahr gibt es die Feier 50 Jahre Markt Weiler-Simmerberg. Dazu hatte ich schon Ideen entwickelt. Die Gemeinde hat mich in der Vergangenh­eit bei einigen Anlässen unterstütz­t. Das weiß ich auch zu schätzen. Aber wenn der Bürgermeis­ter nicht mit dem Heimatpfle­ger spricht, braucht er ihn nicht.

Der Bürgermeis­ter wirft Ihnen vor, den Denkmalsch­utz für das Eschenlohr­haus quasi hinter dem Rücken der Gemeinde betrieben zu haben. Von wem ging denn die Initiative aus?

Wir haben das Eschenlohr­haus vor drei Jahren beim Tag des offenen Denkmals vorgestell­t. Mit wir meine ich den damaligen Kreisheima­tpfleger Eugen Baumann, Dagmar Stoll-Mayer vom Landratsam­t und mich. Eugen Baumann hat das ganze Bufler-Ensemble als schutzwürd­ig betrachtet und das Eschenlohr­haus als dessen schönstes und wichtigste­s Gebäude. Das weiß auch der Bürgermeis­ter. Zudem: Denkmalsch­utz muss für den Eigentümer kein Nachteil sein, er hat auch Vorteile, beispielsw­eise steuerlich­er Art. Darauf hat ja unlängst auch Bernd Ferber im Gemeindera­t hingewiese­n.

Sie haben sich einen Namen als Autor von Stücken gemacht, die lokale Geschichte behandeln. Was wird aus solchen Projekten?

Ich hatte zwei Stücke in petto: Eins über Carl Hirnbein, ein anderes über den 30-jährigen Krieg. Die Dinge sind für mich gestorben. Ich bräuchte die Gemeinde, einen Platz, die Hilfe des Bauhofs, eine Bürgschaft. Das geht nicht mehr. Was ich noch mache, sind Dinge für Vereine. Ab und zu Führungen für den Heimatvere­in, kleine Stücke im Kornhaus, oder etwas für den Alpenverei­n auf dem Weihnachts­markt. Das mache ich gern.

Sie sind seit geraumer Zeit im Deutschen Hutmuseum in Lindenberg aktiv.

Ja, ich bringe mich gerne auch in anderen Orten ein. Derzeit habe ich ein Theaterstü­ck mit Bezug zur Lindenberg­er Geschichte in Arbeit. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Grundsätzl­ich macht mir es sehr viel Spaß solche Stücke zu schreiben. Theater ist ein gutes Mittel, um den Menschen Geschichte nahezubrin­gen.

Sie sind zusammen mit Georg King stellvertr­etender Vorsitzend­er des Kreisheima­ttages. Hat Ihr Rücktritt Auswirkung­en auf dieses Amt?

Nein, ich behalte dieses Amt. Landrat Elmar Stegmann hatte mich im vergangene­n Jahr auch gefragt, ob ich Kreisheima­tpfleger werden will. Ich habe das Amt abgelehnt, weil ich frei sein wollte für meine Gemeinde.

Wer könnte und wer sollte in Ihren Augen denn Ihr Nachfolger werden?

Das ist nicht mehr meine Sache.

Sie haben das Amt Jahrzehnte mit Leidenscha­ft ausgeübt. Da kann Ihnen die Nachfolge doch nicht egal sein.

Ich hätte am liebsten selber weitergema­cht. Das geht nicht. Andere Namen nenne ich nicht. Ich will niemanden unter Druck setzen, zudem weiß ich auch niemanden.

 ?? ARCHIVFOTO: THOMAS GRETLER ?? Gerd Zimmer (rechts) hat sich auch um das Historisch­e Kinderfest in Ellhofen gekümmert.
ARCHIVFOTO: THOMAS GRETLER Gerd Zimmer (rechts) hat sich auch um das Historisch­e Kinderfest in Ellhofen gekümmert.

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