EU macht Balkanländern neue Hoffnung
Rund eine Milliarde Euro will die Europäische Union bis 2020 in den Balkan investieren, um verlorenen Einfluss wieder zurückzugewinnen. 20 Millionen Menschen dieser Region soll wieder Hoffnung auf Europa gemacht werden.
Drei Gipfel blieben ohne nachhaltige Wirkung. Der sogenannte Berlin-Prozess, den Kanzlerin Angela Merkel 2014 anstieß und der danach in Wien (2015) und Paris (2016) weitergeführt wurde, scheint beim Gipfel in Triest erstmals konkrete Ergebnisse zu bringen: Ein Fahrplan für die Annäherung der sechs Westbalkanländer – Serbien, Kosovo, BosnienHerzegowina, Mazedonien, Montenegro und Albanien – an die EU soll beschlossen werden. Außer Merkel nehmen an dem zweitägigen Treffen in der italienischen Hafenstadt auch führende Politiker aus Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Kroatien und Slowenien sowie die EU-Kommissare Federica Mogherini und Johannes Hahn teil.
Dieses Aufgebot signalisiert den dringenden Handlungsbedarf. Denn der Balkan droht zwei Jahrzehnte nach den postjugoslawischen Zerfallskriegen erneut ein Krisenherd zu werden. Wegen ihrer inneren Krise hatte die EU die südosteuropäische Nachbarschaft aus den Augen verloren, weshalb die Menschen in den sechs potenziellen Beitrittsländern zunehmend die Hoffnung auf eine Zukunft in Europa verloren haben.
„Wenn wir uns nicht engagieren, entsteht auf dem Balkan ein Vakuum“, warnte Österreichs Kanzler Christian Kern am Mittwoch in Triest. Das Vakuum ist bereits entstanden und andere äußere Mächte haben es längst gefüllt: Russlands Einfluss in Serbien und Mazedonien sowie jener der Türkei und SaudiArabiens auf das mehrheitlich muslimisch bevölkerte Bosnien-Herzegowina, den Kosovo und die serbischmontenegrinische Grenzregion Sandzak ist allmählich so stark, dass er die demokratische Entwicklung der einzelnen Länder hemmt und die fragile politische Stabilität der Region unterwandert.
Rund eine Milliarde Euro will daher die EU in den nächsten zweieinhalb Jahren auf dem Balkan investieren, kündigte Erweiterungskommissar Hahn an. Drei Projektbereiche sollen in Triest beschlossen werden: Unterstützung zur Schaffung eines regionalen Wirtschaftsraumes, Förderung der Privatwirtschaft, Modernisierung und Anbindung der Verkehrsnetze an Westeuropa. Dieser Plan soll westliche Investoren anlocken, die Volkswirtschaften beleben und Arbeitsplätze schaffen.
Das Problem dabei: Die Demokratie hat sich in den meisten Ländern Ex-Jugoslawiens stark zurückentwickelt; autokratische und zugleich korrupte Machthaber haben großen Spielraum gewonnen. Die Meinungsund Medienfreiheit wurde massiv eingeschränkt, zudem fehlt es auch an der nötigen Rechtssicherheit.
Die Umsetzung des Triester Fahrplans gelingt jedoch nur, wenn die EU von den Balkanländern nicht nur in schöner Regelmäßigkeit politische und wirtschaftliche Reformen anmahnt, sondern auch deren Umsetzung strenger überwacht als bisher. Sonst wäre die Balkan-Milliarde in den Sand gesetzt oder sie verschwindet in korrupten Taschen.