Domino-Mann im feinen Zwirn
James Rodríguez verschärft den Konkurrenzkampf und löst mehrere Wechsel aus
MÜNCHEN - Kaum in München angekommen, musste James Rodríguez blasen. Kein Verkehrsdelikt, eher ein Heidenspaß. Der Neu-Bayer durfte am Mittwochnachmittag die Geburtstagstorte auspusten, die ihm sein neuer Arbeitgeber geschenkt hat. „Happy Birthday lieber James“, prangte neben dem Logo auf einem grünen Marzipan-Spielfeld, dazu 26 Kerzen. Aufgabe gemeistert, Daumen hoch. Dann das 1A-Lächeln in einem 1A-Anzug samt Einstecktuch und Manschettenknöpfen in die Kameras. Smarter Typ, gute Garderobe, gelungener erster Auftritt. Hola, James! Und: Herzlichen Glückwunsch – dem FC Bayern.
Zu diesem Transfer: Der Deal mit Real Madrid klingt vernünftig, Schnäppchen-like. Die Leihgebühr für zwei Spielzeiten beträgt zehn Millionen Euro, die nur bei Bayern liegende Kaufoption für 2019 soll bei rund 35 Millionen Euro liegen. Eine Win-win-Situation. Am glücklichsten zeigte sich bei der Präsentation in der Allianz Arena Trainer Carlo Ancelotti, der seinen Wunschspieler bekam. „Carlo kam mit der Idee vor einigen Monaten zu uns“, berichtete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Die Bilanz von Rodríguez bei Real unter Ancelotti in der Saison 2014/15 spricht eine deutliche Sprache: In 44 von 46 Partien stand der Kolumbianer in der Startelf, produzierte 17 Tore und 17 Vorlagen, seine Pass-Effizienz betrug 87 Prozent. „Wir hatten eine erfolgreiche Zeit zusammen“, sagte Ancelotti, der so aufgeräumt und happy wirkte wie nie zuvor. „Seine Qualität wird uns verbessern, er ist ein fantastischer offensiver Mittelfeldspieler.“Auf welcher Position? „Auf jeder im Mittelfeld“, antwortete der Coach.
In Madrid war Rodríguez ein klassischer Zehner. Artig sagte der Kolumbianer: „Alle wissen, dass es bei Bayern tolle Spieler gibt. Ich will mich enorm ins Zeug legen, man muss sich einen Stammplatz erkämpfen.“Oder verteidigen. Siehe Thomas Müller. Die Torschützenkönige der WM 2010 und 2014 spielen nun gemeinsam in einem Club. Aber werden Urbayer Müller, dessen Stern in Südafrika mit fünf Treffern im DFB-Trikot aufging, und Rodríguez (sechs Tore 2014 in Brasilien) kommende Saison auch häufig gemeinsam auf dem Platz stehen?
„Es ist sicherlich kein Vorteil für Müller, da James auf einer ähnlichen Position spielt – um Robert Lewandowski herum“, analysiert Sky-Experte Lothar Matthäus. Der Rekordnationalspieler: „Müller kann aber auch auf der Außenbahn eingesetzt werden. Dennoch wird Müller nicht erfreut sein über diesen Wechsel. Er muss sich dem Konkurrenzkampf stellen.“Dazu meinte Ancelotti augenbrauenzuckend: „Natürlich gibt es dadurch Wettkampf, aber das ist ganz normal in einem großen Team. Der Wettkampf ist der Treibstoff der Mannschaft.“Schön gesagt. Und Müller mutiert zu Bayerns Dieselmotor. Spielt Müller bald nimmer?
Wenig später jonglierte James (so die Beflockung auf dem Trikot) ein paar Bälle im Stadion – die übliche Show. „Ich hoffe, dass sich hier meine Träume erfüllen können“, sagte Rodríguez, „es ist ein neuer Weg: Eine neue Herausforderung in einer historischen Mannschaft, einem traditionell erfolgreichen Club. Ich will hier Geschichte schreiben. Ich bin auch ein Winnertyp.“Die Familie Rummenigge hat er schon überzeugt. „Meine Frau und meine Töchter haben gesagt: ,Er sieht gut aus!‘“, berichtete der Bayern-Boss.
Rodríguez bekam die Nummer 11 von Douglas Costa, der sich nach zwei wechselhaften Jahren zu Juventus verabschiedet hat. Nur der erste von mehreren Domino-Effekten. Einer kommt, mehrere gehen. Serge Gnabry wird wohl zur TSG Hoffenheim ausgeliehen, Renato Sanches soll mindestens ein Jahr Spielpraxis sammeln. Und Rodríguez? Der könnte bereits am Samstag beim TelekomCup in Mönchengladbach sein Debüt geben.