Landkreis fördert planbare Kurzzeitpflege
Kreisräte wollen dafür aber nicht Zuschüsse für ambulante Pflege opfern
LINDAU - Das Votum ist eindeutig: Der Landkreis will ab kommenden Jahr jene Häuser, die Kurzzeitpflege anbieten, finanziell unterstützen. Diese einstimmige Empfehlung an den Kreistag haben die Kreisräte des Ausschusses für Bildung und Soziales am Donnerstag ausgesprochen. Quer durch alle Fraktionen ist es den Politikern wichtig, dass pflegende Angehörige ihre Verwandten in gute Hände geben können, wenn sie selbst sich wegen Krankheit oder Urlaub nicht zu Hause um diese kümmern können. Wichtig ist den Kreisräten aber auch, dass nicht eine Pflegeart für eine andere geopfert wird: So legten alle Wert darauf, dass der Kreis weiterhin die freiwilligen Investitionskostenzuschüsse an die ambulanten Pflegedienste bezahlt.
„Deutschland wird älter, der Landkreis auch.“Das ist dem für Kreisentwicklung und Soziales zuständigen Landratsamtsjuristen Tobias Walch durchaus klar. Genauso weiß er, dass über dem vor fünf Jahren vom Kreistag beschlossenen seniorenpolitischem Gesamtkonzept der Grundsatz „ambulant vor stationär“steht. Dieses Konzept hatten Kreisräte und Fachleute erarbeitet, damit ältere Menschen möglichst lange zu Hause bleiben können. Es will den Blick auf zahlreiche Aspekte lenken, die das angestammte Umfeld von Senioren stabilisieren können.
Grüne beantragten zentrale Vermittlungsstelle
„Und ein Teil des Seniorenkonzepts ist die Kurzzeitpflege“, erinnerte Walch im Sozialausschuss. Sie soll Menschen, die zu Hause gepflegt werden, dann auffangen, wenn Angehörige oder Freunde wegen Krankheit oder Urlaub nicht zur Verfügung stehen. Oder wenn nach immer kürzerer Verweildauer im Krankenhaus der Pflegebedürftige einfach noch nicht in der Lage ist, wieder nach Hause zu gehen. Damit ein solcher Platz leichter und unkompliziert gebucht werden kann, hatten die Kreistags-Grünen im Herbst eine zentrale Vermittlungsstelle beantragt.
Doch es gibt im Landkreis Lindau schlicht zu wenig Kurzzeitpflege. Das hat eine aktuelle Bestandsaufnahme der Kreisverwaltung ergeben. Zwar habe die Asklepios-Klinik seit 2015 eine Kooperation mit dem Altersheim Reutin und dem Hospital, wonach diese beiden Häusern zusammen acht Kurzzeitpflegeplätze bereitstellen. „Und die sind im vergangenen Jahr auch genutzt und belegt gewesen“, versicherte Walch den Kreisräten: Im Schnitt hätten die beiden Heime durchschnittlich sogar neun Kurzzeitpflegegäste im Haus gehabt.
Doch das reicht heute nicht mehr, ist Walch und seinem Team in den vergangenen Monaten nach vielen Gesprächen bewusst geworden. Denn die von weiteren Häusern angekündigten „eingestreuten“Kurzzeitpflegeplätze gebe es so gut wie nie – weil die Nachfrage nach festen Heimplätze gestiegen sei, aber auch vor dem Hintergrund des Pflegekräftemangels und der Tatsache, dass Kurzzeitpflege wegen des Mehraufwands an Arbeit für die Anbieter ein Zuschussgeschäft sei. Daraus ergibt sich für Walch: „Wir haben nicht unbedingt ein Vermittlungsproblem – es muss mehr Kurzzeitpflegeplätze geben.“Und dafür brauche es Förderanreize, ist der Verwaltung klar. Deshalb sieht ihr Konzept vor, dass der Landkreis für jeden festen und „planbar buchbaren“Kurzzeitpflegeplatz jährlich einen Zuschuss von 2500 Euro zahlt. Und damit diese Plätze nicht nur auf dem Papier stehen, gibt es zursätzlich für jeden nachweislich belegten Kurzzeitpflegeplatz weitere zwölf Euro Zuschlag pro Tag. So erhält der Kreis auch eine Übersicht, wo wirklich echter Bedarf an Kurzzeitpflege besteht.
Bei den Mitgliedern des Sozialhilfeausschusses stieß dieser Vorschlag quer durch alle Fraktionen auf positives Echo. Auch die Idee, diese Tobias Walch Förderrichtlinie zunächst auf zwei Jahre zu begrenzen und dann im Laufe des Jahres 2019 zu schauen, ob diese Zuschüsse wirklich für mehr Plätze sorgen, fanden die Kreisräte gut. Zumal nach Walchs Informationen der Freistaat derzeit darüber nachdenke, ob er nicht eine Zeitlang selbst Investitionskostenzuschüsse für neue Kurzzeitpflegeplätze gibt.
Mehrkosten ab 2018 im Kreishaushalt einplanen
Den Kreisräten ist aber auch noch etwas Anderes sehr wichtig: Keineswegs dürfe der Kreis für diese Kurzzeitpflegeförderung einen anderen Pflegebereich kürzen. Im Vorfeld der Sitzung hatte die Verwaltung angeregt, für die jährlich bis zu 120 000 Euro Fördergeld für die Kurzzeitpflege künftig die freiwilligen Zuschüsse für ambulante Pflegedienste zu streichen. Das lehnte der Sozialausschuss jedoch einstimmig ab.
Vielmehr sollte dafür, wenn der Betrag nicht anders zu finanzieren sei, lieber die Kreisumlage erhöht werden, so der Deckungsvorschlag von Kreisrat Dieter Wurm. „Und dazu müsst ihr in den Haushaltsberatungen dann aber auch stehen“, appellierte Heribert Hostenkamp an seine Ausschusskollegen.
„Wir haben nicht unbedingt ein Vermittlungsproblem – es muss mehr Kurzzeitpflegeplätze geben.“