Bayern fördert Dieselautos
CSU will Kauf neuer Fahrzeuge unterstützen – BMW und Audi rüsten wohl kostenlos nach
MÜNCHEN - Ein dickes Paket zur Verbesserung der Luftqualität in den Innenstädten hat am Dienstag das bayerische Kabinett geschnürt. Ein Punkt daraus könnte für Diskussionen sorgen: Aus Steuermitteln, etwa durch Änderungen bei der Kraftfahrzeugsteuer, sollen „Kaufanreize für modernste Dieselfahrzeuge“gesetzt werden, berichtete Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) nach der Ministerratssitzung.
So solle ein „klares Signal pro neuester Euro-6-Technik“gesetzt werden „mit dem Ziel, die Marktakzeptanz zu erhöhen“. Damit nicht genug: Für Fahrer älterer Diesel (Euro 4 und älter) sollten Anreize geschaffen werden, beschleunigt auf modernere Fahrzeuge umzustellen, heißt es in dem von der CSU-Staatsregierung beschlossenen Maßnahmenpaket.
Warum Bayern vom Diesel nicht lassen will, begründete Umweltministerin Scharf mit den Klimaschutzzielen. Der Diesel sei zwar für die teilweise Stickstoffdioxid-Grenzwertüberschreitungen verantwortlich – andererseits benötige man die Dieseltechnik aber weiterhin, um die CO2-Emissionen zu drücken und so die Klimaschutzziele zu erreichen.
Umrüstung gegen Steueranreize
Möglicherweise ist das Versprechen auf Diesel-Förderung auch Teil eines Handels zwischen der Staatsregierung und den örtlichen Autokonzernen BMW, Audi und MAN. Diese hatten sich bei einem Treffen mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verpflichtet, Euro-5-Diesel-Pkw so nachzurüsten, dass deren Stickstoffdioxid-Emissionen der Euro-6-Norm entsprechen. Dabei stellten die Autobosse auf Drängen der Politiker in Aussicht, dass die Umrüstung für den Autobesitzer kostenfrei sein soll.
Das „Maßnahmenpaket für saubere Luft in den Innenstädten“ist nach Angaben Scharfs auf fünf Jahre angelegt und hat ein Volumen von rund 400 Millionen Euro. Damit sollen elektrische Ladeinfrastruktur und die Weiterentwicklung synthetischer Kraftstoffe gefördert und ein Programm zur Förderung der Flottenumstellung kommunaler Nutzfahrzeuge finanziert werden. Der Öffentliche Personennahverkehr soll nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ ausgeweitet werden. So habe MAN für 2019 den ersten serienmäßigen rein elektrischen Stadtbus in Aussicht gestellt, sagte Scharf. Abgerundet wird das Programm, das nicht nur die Luft sauberer machen, sondern auch den Verkehrsinfarkt in den Ballungsräumen verhindern soll, durch Planung von Radverkehrsnetzen, Radschnellwegen und mehr Fahrradabstellanlagen.
Als eine der vielen Maßnahmen versteht Bayerns Ministerpräsident Seehofer auch die Aufgabe des Widerstands gegen eine Trambahnlinie durch den Englischen Garten. Der Freistaat ist Eigentümer der großen innerstädtischen grünen Lunge in München und hat sich seit Jahrzehnten gegen eine Tramlinie durch den Garten gesperrt.
Der Vorsitzende der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, warf der CSU-Staatsregierung vor, die „Geschäftsinteressen der Diesel-Lobby“über die Gesundheit der Menschen zu stellen. Das Maßnahmenpaket sei nicht ausreichend und die Einzelmaßnahmen wie die Schaffung von Steuervergünstigungen für Dieselfahrzeuge völlig widersinnig.
Die bayerische Wirtschaft unterstützte die Absage an Diesel-Fahrverbote und die geplanten Anreize zum Austausch alter Dieselautos. „Statt pauschaler Fahrverbote brauchen wir intelligente Mobilitätskonzepte“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt.