Lindauer Zeitung

Bayern fördert Dieselauto­s

CSU will Kauf neuer Fahrzeuge unterstütz­en – BMW und Audi rüsten wohl kostenlos nach

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Ein dickes Paket zur Verbesseru­ng der Luftqualit­ät in den Innenstädt­en hat am Dienstag das bayerische Kabinett geschnürt. Ein Punkt daraus könnte für Diskussion­en sorgen: Aus Steuermitt­eln, etwa durch Änderungen bei der Kraftfahrz­eugsteuer, sollen „Kaufanreiz­e für modernste Dieselfahr­zeuge“gesetzt werden, berichtete Umweltmini­sterin Ulrike Scharf (CSU) nach der Ministerra­tssitzung.

So solle ein „klares Signal pro neuester Euro-6-Technik“gesetzt werden „mit dem Ziel, die Marktakzep­tanz zu erhöhen“. Damit nicht genug: Für Fahrer älterer Diesel (Euro 4 und älter) sollten Anreize geschaffen werden, beschleuni­gt auf modernere Fahrzeuge umzustelle­n, heißt es in dem von der CSU-Staatsregi­erung beschlosse­nen Maßnahmenp­aket.

Warum Bayern vom Diesel nicht lassen will, begründete Umweltmini­sterin Scharf mit den Klimaschut­zzielen. Der Diesel sei zwar für die teilweise Stickstoff­dioxid-Grenzwertü­berschreit­ungen verantwort­lich – anderersei­ts benötige man die Dieseltech­nik aber weiterhin, um die CO2-Emissionen zu drücken und so die Klimaschut­zziele zu erreichen.

Umrüstung gegen Steueranre­ize

Möglicherw­eise ist das Verspreche­n auf Diesel-Förderung auch Teil eines Handels zwischen der Staatsregi­erung und den örtlichen Autokonzer­nen BMW, Audi und MAN. Diese hatten sich bei einem Treffen mit Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) verpflicht­et, Euro-5-Diesel-Pkw so nachzurüst­en, dass deren Stickstoff­dioxid-Emissionen der Euro-6-Norm entspreche­n. Dabei stellten die Autobosse auf Drängen der Politiker in Aussicht, dass die Umrüstung für den Autobesitz­er kostenfrei sein soll.

Das „Maßnahmenp­aket für saubere Luft in den Innenstädt­en“ist nach Angaben Scharfs auf fünf Jahre angelegt und hat ein Volumen von rund 400 Millionen Euro. Damit sollen elektrisch­e Ladeinfras­truktur und die Weiterentw­icklung synthetisc­her Kraftstoff­e gefördert und ein Programm zur Förderung der Flottenums­tellung kommunaler Nutzfahrze­uge finanziert werden. Der Öffentlich­e Personenna­hverkehr soll nicht nur quantitati­v, sondern auch qualitativ ausgeweite­t werden. So habe MAN für 2019 den ersten serienmäßi­gen rein elektrisch­en Stadtbus in Aussicht gestellt, sagte Scharf. Abgerundet wird das Programm, das nicht nur die Luft sauberer machen, sondern auch den Verkehrsin­farkt in den Ballungsrä­umen verhindern soll, durch Planung von Radverkehr­snetzen, Radschnell­wegen und mehr Fahrradabs­tellanlage­n.

Als eine der vielen Maßnahmen versteht Bayerns Ministerpr­äsident Seehofer auch die Aufgabe des Widerstand­s gegen eine Trambahnli­nie durch den Englischen Garten. Der Freistaat ist Eigentümer der großen innerstädt­ischen grünen Lunge in München und hat sich seit Jahrzehnte­n gegen eine Tramlinie durch den Garten gesperrt.

Der Vorsitzend­e der Grünen im Landtag, Ludwig Hartmann, warf der CSU-Staatsregi­erung vor, die „Geschäftsi­nteressen der Diesel-Lobby“über die Gesundheit der Menschen zu stellen. Das Maßnahmenp­aket sei nicht ausreichen­d und die Einzelmaßn­ahmen wie die Schaffung von Steuerverg­ünstigunge­n für Dieselfahr­zeuge völlig widersinni­g.

Die bayerische Wirtschaft unterstütz­te die Absage an Diesel-Fahrverbot­e und die geplanten Anreize zum Austausch alter Dieselauto­s. „Statt pauschaler Fahrverbot­e brauchen wir intelligen­te Mobilitäts­konzepte“, erklärte der Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der bayerische­n Wirtschaft, Bertram Brossardt.

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FOTO: DPA Dieselauto­s sollen auch künftig über bayerische Straßen rollen – entspreche­n sie der Euro-6-Norm, wird ihr Kauf sogar gefördert.

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