Aquakultur kein Thema im Kreistag
Geschäftsordnungsantrag der FW torpediert von SPD gewünschte Expertenanhörung
FRIEDRICHSHAFEN - Am Thema Aquakultur im Bodensee kommt man derzeit schwerlich vorbei. Kontrovers diskutiert wird auch im Kreis allemal. Der Kreistag des Bodenseekreises wird sich freilich vorerst nicht näher mit dem umstrittenen Thema auseinandersetzen. Mittels eines Geschäftsordnungsantrages der Freien Wähler wurde die Abstimmung über einen Antrag der SPD von der Tagesordnung genommen. SPD-Fraktionssprecher Norbert Zeller hatte für eine Expertenanhörung im Kreistag plädiert.
Wie Landrat Lothar Wölfle verdeutlichte, sei auf einen Geschäftsordnungsantrag nur eine „Gegenrede“möglich. Zeller nutzte sie. Der SPD-Mann schoss gegen die Freien Wähler genauso wie gegen den Landrat beziehungsweise die Kreisverwaltung. An die Adresse von FWSprecher Frank Amann gerichtet, sprach Zeller von „neuem Umgangston“im Kreistag, „von neuem Stil, den ich so noch nicht erlebt habe“. Die SPD habe das Recht einen Antrag zu stellen, durch den Geschäftsordnungsantrag werde dieses Recht tprpediert, meinte Zeller.
Unverständnis äußerte Zeller auch mit Blick auf die Verwaltungsbank. Der Genosse empfahl dem Kreischef, „Nachhilfeunterricht zu nehmen“. Im Übrigen, und da wurde Zeller sarkastisch, „der Kreisverwaltung muss sich nicht der Sinn jeder Anfrage erschließen“, hieß es. Die Aussage war eine Retourkutsche auf die Verwaltung: Sie hatte in der Sitzungsvorlage zum Tagesordnungspunkt „Aquakultur“dem Kreistag empfohlen, den Zellerschen Antrag abzulehnen. Eine Begründung: Eine Expertenanhörung bringe dem Kreistag keinen Mehrwert.
„Das Thema Aquakultur treibt die Menschen am See zwar um“, erklärte FW-Fraktionssprecher Frank Amann. Den Geschäftsordnungsantrag, der mit breiter Mehrheit durchging, begründete er aber damit, die Meinungsbildung innerhalb seiner Fraktion zum Thema Aquakultur sei noch nicht abgeschlossen. Deshalb brauche man im Gremium noch keine Diskussion darüber. Freilich, das heiße nicht, „dass wir später noch darüber diskutieren“. Aber dann auf der Grundlage umfassender Informationen, sagte der FW-Chef.
Die SPD-Landtagsfraktion hat zum Thema eine umfassende Anfrage an den Landtag gestellt. Die Antwort liegt vor. Die Kernaussagen: Es gebe noch eine Fülle ungeklärter limnologischer, biologischer, juristischer und umweltrelevanter Fragen. Eine große Zahl von Organisationen rings um den See beschäftige sich fachlich mit dem Thema und es gebe ein großangelegtes Dialogforum innerhalb der Internationalen Bodenseekonferenz mit Beteiligung aller Betroffenen. Summa summarum: Derzeit gibt es keine Chance für Aquakultur am See.
Der Meersburger Gemeinderat hat jüngst ein klares Zeichen in Sachen Fischzucht im See gesetzt. Er lehnt im kommunalen Schulterschluss solche Aquakulturen im See kategorisch ab. Solch ein Zeichen hätte Zeller gerne auch im Kreistag gesehen. „Der Trinkwasserspeicher Bodensee geht uns alle an. Er ist mindestens genauso wichtig, wie Straßenplanung im Kreis“, argumentierte Zeller. Warum positioniert sich der Kreis bei einer solchen Frage nicht, fragte Zeller vorwurfsvoll ins Gremium.
Zu wenig Phosphor im See?
„Der Kreisverwaltung muss sich nicht der Sinn jeder Anfrage erschließen.“Norbert Zeller
Berufs-und Freizeitfischer beklagen seit Jahren zurückgehende Fangmengen an Fisch im Bodensee. Sie fordern, den Nährstoffgehalt im See zu erhöhen. Es geht dabei hauptsächlich um vermehrten Eintrag von Phosphat in den See. Maßgebliche wissenschaftliche und politische Stellen sowie Verwaltungen lehnen künstliche Phosphor-Zufuhr in den Trinkwasserspeicher aber ab. Da der Rückgang der Fangmengen für die Berufsfischer aber mehr und mehr zur existentiellen Frage wird, hat das Landwirtschaftsministerium vorgeschlagen, Fische in Aquakulturen im See zu züchten.
Im Raum steht eine Erprobung der Zucht von Felchen & Co in Netzgehegen, voraussichtlich im Überlinger See. Die Mehrheit der Berufsfischer in Bayern, Württemberg und Baden lehnen die Zucht von Felchen in Zuchtgehegen ab.