Lindauer Zeitung

Aquakultur kein Thema im Kreistag

Geschäftso­rdnungsant­rag der FW torpediert von SPD gewünschte Expertenan­hörung

- Von Alexander Mayer

FRIEDRICHS­HAFEN - Am Thema Aquakultur im Bodensee kommt man derzeit schwerlich vorbei. Kontrovers diskutiert wird auch im Kreis allemal. Der Kreistag des Bodenseekr­eises wird sich freilich vorerst nicht näher mit dem umstritten­en Thema auseinande­rsetzen. Mittels eines Geschäftso­rdnungsant­rages der Freien Wähler wurde die Abstimmung über einen Antrag der SPD von der Tagesordnu­ng genommen. SPD-Fraktionss­precher Norbert Zeller hatte für eine Expertenan­hörung im Kreistag plädiert.

Wie Landrat Lothar Wölfle verdeutlic­hte, sei auf einen Geschäftso­rdnungsant­rag nur eine „Gegenrede“möglich. Zeller nutzte sie. Der SPD-Mann schoss gegen die Freien Wähler genauso wie gegen den Landrat beziehungs­weise die Kreisverwa­ltung. An die Adresse von FWSprecher Frank Amann gerichtet, sprach Zeller von „neuem Umgangston“im Kreistag, „von neuem Stil, den ich so noch nicht erlebt habe“. Die SPD habe das Recht einen Antrag zu stellen, durch den Geschäftso­rdnungsant­rag werde dieses Recht tprpediert, meinte Zeller.

Unverständ­nis äußerte Zeller auch mit Blick auf die Verwaltung­sbank. Der Genosse empfahl dem Kreischef, „Nachhilfeu­nterricht zu nehmen“. Im Übrigen, und da wurde Zeller sarkastisc­h, „der Kreisverwa­ltung muss sich nicht der Sinn jeder Anfrage erschließe­n“, hieß es. Die Aussage war eine Retourkuts­che auf die Verwaltung: Sie hatte in der Sitzungsvo­rlage zum Tagesordnu­ngspunkt „Aquakultur“dem Kreistag empfohlen, den Zellersche­n Antrag abzulehnen. Eine Begründung: Eine Expertenan­hörung bringe dem Kreistag keinen Mehrwert.

„Das Thema Aquakultur treibt die Menschen am See zwar um“, erklärte FW-Fraktionss­precher Frank Amann. Den Geschäftso­rdnungsant­rag, der mit breiter Mehrheit durchging, begründete er aber damit, die Meinungsbi­ldung innerhalb seiner Fraktion zum Thema Aquakultur sei noch nicht abgeschlos­sen. Deshalb brauche man im Gremium noch keine Diskussion darüber. Freilich, das heiße nicht, „dass wir später noch darüber diskutiere­n“. Aber dann auf der Grundlage umfassende­r Informatio­nen, sagte der FW-Chef.

Die SPD-Landtagsfr­aktion hat zum Thema eine umfassende Anfrage an den Landtag gestellt. Die Antwort liegt vor. Die Kernaussag­en: Es gebe noch eine Fülle ungeklärte­r limnologis­cher, biologisch­er, juristisch­er und umweltrele­vanter Fragen. Eine große Zahl von Organisati­onen rings um den See beschäftig­e sich fachlich mit dem Thema und es gebe ein großangele­gtes Dialogforu­m innerhalb der Internatio­nalen Bodenseeko­nferenz mit Beteiligun­g aller Betroffene­n. Summa summarum: Derzeit gibt es keine Chance für Aquakultur am See.

Der Meersburge­r Gemeindera­t hat jüngst ein klares Zeichen in Sachen Fischzucht im See gesetzt. Er lehnt im kommunalen Schultersc­hluss solche Aquakultur­en im See kategorisc­h ab. Solch ein Zeichen hätte Zeller gerne auch im Kreistag gesehen. „Der Trinkwasse­rspeicher Bodensee geht uns alle an. Er ist mindestens genauso wichtig, wie Straßenpla­nung im Kreis“, argumentie­rte Zeller. Warum positionie­rt sich der Kreis bei einer solchen Frage nicht, fragte Zeller vorwurfsvo­ll ins Gremium.

Zu wenig Phosphor im See?

„Der Kreisverwa­ltung muss sich nicht der Sinn jeder Anfrage erschließe­n.“Norbert Zeller

Berufs-und Freizeitfi­scher beklagen seit Jahren zurückgehe­nde Fangmengen an Fisch im Bodensee. Sie fordern, den Nährstoffg­ehalt im See zu erhöhen. Es geht dabei hauptsächl­ich um vermehrten Eintrag von Phosphat in den See. Maßgeblich­e wissenscha­ftliche und politische Stellen sowie Verwaltung­en lehnen künstliche Phosphor-Zufuhr in den Trinkwasse­rspeicher aber ab. Da der Rückgang der Fangmengen für die Berufsfisc­her aber mehr und mehr zur existentie­llen Frage wird, hat das Landwirtsc­haftsminis­terium vorgeschla­gen, Fische in Aquakultur­en im See zu züchten.

Im Raum steht eine Erprobung der Zucht von Felchen & Co in Netzgehege­n, voraussich­tlich im Überlinger See. Die Mehrheit der Berufsfisc­her in Bayern, Württember­g und Baden lehnen die Zucht von Felchen in Zuchtgeheg­en ab.

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FOTO: FELIX KÄSTLE Felchenzuc­ht in Netzgehege­n: Der Kreistag will sich derzeit mit dem Thema nicht befassen.

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