Lindauer Zeitung

„Schon in der Bayernliga war ich froh“

Florian Niederlech­ner ist derzeit der Torgarant des SC Freiburg, doch war sein Weg bis dahin ungewöhnli­ch

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er SC Freiburg will im Qualifikat­ionsspiel der UEFA Europa League gegen NK Domzale (Do, 21.05 Uhr) sein Jahr endgültig krönen. Einer, der daran entscheide­nden Anteil haben könnte, ist Stürmer Florian Niederlech­ner. Mit Felix Alex sprach der gebürtige Bayer über erfüllte Träume, Amateurfuß­ball und den Transferwa­hnsinn.

Herr Niederlech­ner, Sie haben sich 2016 an den SC Freiburg ausleihen lassen und wurden kürzlich fest verpflicht­et. Eine vorherbest­immte Verbindung?

Als ich noch in der dritten Liga beim FC Heidenheim war, habe ich schon sehr viel Kontakt und Gespräche mit dem Verein gehabt, aber dadurch, dass ich erst sehr spät in den höherklass­igen Fußball gekommen bin und Freiburg gerade abgestiege­n war, wollte ich unbedingt in die Bundesliga wechseln. Ich bin dann zu Mainz, weil ich ja nicht wusste, ob ich die Chance noch jemals wieder erhalte. Ich glaube, wenn Freiburg auch in der höchsten Klasse gewesen wäre, wäre ich schon damals dorthin gewechselt.

Dazu kam es ja danach ...

Christian Streich hat meine Entscheidu­ng damals verstanden, war nicht sauer und hat mir auch immer SMS geschriebe­n. Als es in Mainz das halbe Jahr dann nicht ganz so gut gelaufen ist und ich mich ausleihen lassen wollte, kam für mich nur der SC infrage. Und dann war es mir auch egal, dass es „nur“die zweite Liga war. Mein erster Gedanke war: Jetzt gehst du in die zweite Liga, versuchst viel zu spielen, machst viele Tore, versuchst der Mannschaft zu helfen, steigst dann auf und gehst zwei Schritte nach vorne. Und genau so sind dann auch die 1,5 Jahre verlaufen.

Und die viel beschriebe­ne „besondere Note“?

Ich hatte ja vorher nie in Freiburg gespielt, aber die Mannschaft sehr gerne im Fernsehen gesehen. Schon da ist die Stimmung bombastisc­h rübergekom­men. Als ich dann hier war, habe ich dann erlebt, wie familiär alles ist. Wir machen dann einen Grillabend mit den ganzen Familien und Kindern. Bei Spielen gibt es einen Extraraum für die Frauen – hier fühlt sich einfach jeder wohl. Hier kann man einfach in Ruhe arbeiten. Wenn man mal zwei Spiele verliert, bleibt es trotzdem ruhig – auch in der Stadt. Jeder ist hier auf dem Boden geblieben und weiß, wo er herkommt. Wenn man aus Bayern, Baden oder Schwaben kommt und von den Eltern so aufgezogen wurde, ist es einfach was vollkommen Normales, zu grüßen und dergleiche­n, aber leider vergessen es manche dann.

Passt das zu Ihrem Charakter?

Jeder muss sein Glück da finden, wo er meint, aber ich bin auch ein sehr familiärer Mensch. Christian Streich versucht seine Spieler sehr oft stark zu reden und die Stärken rauszukitz­eln und bei mir hat es zum Glück sehr gut funktionie­rt.

Sogar so gut, dass Sie in der vergangene­n Saison elf Tore geschossen haben. Vollkommen zufrieden?

Natürlich nicht. Ein wichtiger Schritt ist es, dass ich nun konstanter spiele. Die letzten zehn Spiele in der Rückrunde ist mir das schon sehr gut gelungen. Die Hinrunde war dagegen sehr schwankend. Da möchte ich den Hebel ansetzen. Das geht nur, wenn man im Training immer Gas gibt und bei uns Stürmern natürlich, indem man Erfolgserl­ebnisse hat.

Haben Sie diese Entwicklun­g kommen sehen?

Daran habe ich kein einziges Mal einen Gedanken verschwend­et. Es war immer so, dass ich, zum Beispiel als ich noch in der Bayernliga war, froh war, dort spielen und meine Tore machen zu dürfen. Dann kam ich in die dritte Liga, traf auch zweistelli­g, und dachte, es wäre Wahnsinn, wenn du in der zweiten Liga spielen könntest, und nun spiele ich Bundesliga.

Sind Sie denn jetzt angekommen?

Durch das halbe Jahr in Mainz habe ich schon etwas gezweifelt, ob ich es in der Bundesliga schaffe und zu Beginn in Freiburg, als ich kein Tor gemacht habe, war es auch nicht einfach. Der Trainer hat mir aber immer das Vertrauen geschenkt und ich habe es zum Glück zurückzahl­en können. Ich bin aber auf jeden Fall in der Bundesliga angekommen, sonst hätte ich nicht diese Anzahl an Toren.

Und das bei einem Konkurrent­en wie Nils Petersen.

Er ist ein sehr guter Stürmer. Aber sein Problem war wohl immer, dass er so ein brutaler Joker ist. Es ist unfassbar,

wenn das Stadion „Petersen, Petersen“schreit, dann zuckt der Gegner zusammen. Aber auch wenn wir miteinande­r im Sturm spielen funktionie­rt das.

Sind denn jetzt alle Träume erfüllt?

Früher war mein Traum einfach die Bundesliga. Jetzt muss ich schon beweisen, dass ich es auch ein zweites Jahr kann – ein zweites, drittes, viertes und fünftes am besten auch noch. Das ist auch mein Ziel, dass ich nicht abreißen lasse. Die Europa League natürlich auch, aber bis dahin sind es noch vier schwere Spiele. Internatio­nale Spiele sind ein geiles Gefühl, wenn man vor ein paar Jahren noch in der Bayernliga gespielt hat.

War das Trainingsl­ager durch die anstehende­n Spiele in der Quali zur Europa League ein anderes?

Trainingsl­ager sind immer knackig, teilweise war es auch extrem heiß. Eine Umstellung zum vergangene­n Jahr merke ich aber nicht wirklich, weil wir immer hart arbeiten. Das Trainer-Team steuert es dann schon so, dass wir zum gewissen Punkt die richtige Spritzigke­it haben.

Der Kader hat Qualität verloren und ist ziemlich klein, ist das nicht eine schlechte Ausgangsla­ge?

Ich glaube nicht, dass die Planungen schon abgeschlos­sen sind. Man liest ja, dass sie sich noch um viele bemühen.

Und deshalb gibt es keinen Einbruch aufgrund der Doppelbela­stung?

Erst einmal haben wir ja noch keine Doppelbela­stung. Ob wir nun Freundscha­ftsspiele hätten oder die Qualispiel­e, ist erstmal gleich. Wir sind eine laufstarke Truppe und konditione­ll topfit. Das ist eine gute Basis, aber ich habe sowas noch nicht erlebt und lasse mich überrasche­n.

Wie beurteilen Sie die Lage auf dem Transferma­rkt?

Wenn man die Summen sieht, die in China und England bezahlt werden, ist das schon Wahnsinn. Das macht es natürlich für kleinere Vereine schwierig und dann müssen diese eben andere Wege gehen. So wie der SC, der vor zwei Jahren zum Beispiel Vincenzo Grifo geholt hat, der nicht den größten Namen hatte und jetzt ein super Bundesliga­spieler ist. Auch ich habe in Mainz null Tore gemacht, letztes Jahr elf. Der SC macht also viel richtig, auch wenn es wohl immer schwierige­r wird, wenn man die Summen sieht.

Weniger richtig machten die Münchener Löwen, von denen Sie Fan sind ...

Ja, das ist mein Verein von Kind auf und das war auch mal sehr extrem, aber in der Kurve stehen geht natürlich nun nicht mehr. Aber es ist schon noch stark. So bin ich bei den Relegation­sspielen gegen Regensburg extra vom Strand hochgegang­en, um es mir anzuschaue­n. Und das sagt, glaube ich, schon viel aus. Ich hoffe, dass es nun einen Neuanfang gibt.

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FOTO: IMAGO Weiter in Galaform – Beim Testkick gegen Feyenoord Rotterdam erzielte Florian Niederlech­ner das Siegtor.

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