Gefahr durch Islamismus in Bayern weiter hoch
Halbjahresbericht des bayerischen Verfassungsschutzes zeigt sinkende Straftaten von Links- und Rechtsextremen
MÜNCHEN - Der islamistische Terrorismus bleibt in Bayern die gefährlichste extremistische Strömung. Das sagte Burkhard Körner, Präsident des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das erste Halbjahr 2017. Doch auch Linksextremisten und und neue rechtsextreme Bewegungen wie die Identitären stehen unter der Beobachtung der Behörde.
Bayerische Linksextremisten waren nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) auch an den Anti-G20-Protesten in Hamburg dabei. Beteiligt waren laut Herrmann vor allem die in München und Nürnberg aktive Interventionistische Linke, aber auch die Revolutionäre Organisierte Jugendaktion Nürnberg, die Antifaschistische Linke Fürth und die Organisierte Autonomie.
Im ersten Halbjahr 2017 habe die Zahl linksextremistischer Gewalttaten in Bayern aber deutlich abgenommen: Registriert wurden 24 statt, wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres, 72 Straftaten. Gegen zwei bayerische Linksextremisten führt die Staatsanwaltschaft Hamburg unter anderem wegen schweren Landfriedensbruch Ermittlungsverfahren.
Linksextremistische Hintergründe werden auch bei einem Brandanschlag auf ein Polizeigebäude am 5. Juni in Weilheim vermutet.
Im ersten Halbjahr 2017 habe es aber auch weniger Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund gegeben. Gemeldet wurden 14 Übergriffe auf Asylbewerberunterkünfte (60 im Vorjahr) und acht sonstige rechtsextremistisch motivierte Gewalttaten (20 im Vergleichszeitraum des Vorjahres).
In Bayern vermuten die Verfassungsschützer den aktivsten Teil der Identitären Bewegung Deutschlands (IBD). Einen festen Platz im Verfassungsschutzbericht haben inzwischen die Reichsbürger und Selbstverwalter gefunden, die systematisch entwaffnet werden. Von den 235 Waffenbesitzern dieser Szene sehen sich nach Angaben von Innenminister Herrmann 209 mit Entzugsverfahren konfrontiert.
Die sogenannten Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an. Sie berufen sich auf das Fortbestehen des historischen Deutschen Reichs. Einer der Reichsbürger hatte im bayerischen Georgensgmünd im Oktober 2016 bei einem Schusswechsel einen Polizisten getötet.
Aufrufe zu Attentaten mit Messern
Am gefährlichsten bleiben jedoch Islamisten und Dschihadisten, betonte Herrmann. Wegen der militärischen Schwäche der Terrormiliz „Islamischer Staat“(IS) im Irak und Syrien würden die Anhänger dazu aufgerufen, Low-Profile-Attentate etwa mit Messern und Kraftfahrzeugen in ihren Heimatländern zu begehen. Ziel sei es, so Herrmann, ein Klima des Misstrauens gegenüber Muslimen zu erzeugen, um dadurch junge Muslime empfänglich für die Botschaften des IS-Kalifats zu machen.
Ins Visier der bayerischen Verfassungsschützer sind in letzter Zeit aber auch staatliche türkische Institutionen gerückt, die in Deutschland Jagd auf tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der sogenannten Gülen-Bewegung machen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan macht Anhänger des im Exil lebenden Predigers Gülen für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich.
Eine Liste des türkischen Nachrichtendienstes mit 358 Personen und 241 Einrichtungen, die sich in Deutschland gegen Erdogans Herrschaft verschworen haben sollen, hat freilich das Gegenteil des Beabsichtigten bewirkt: Die bayerischen Behörden haben nach Angaben Herrmanns die gelisteten Personen „sensibilisiert, dass sie möglicherweise im Fokus des türkischen Staates stehen“.