Bürschchen wird Chef
Hasan Salihamidžic wird Sportdirektor des FC Bayern – Auserwählter im dritten Anlauf
MÜNCHEN - Beifall brandete auf nach der kurzen Rede des Neuen, des altbekannten Neuen. Hasan Salihamidžic richtete am Montagnachmittag in der Kabine an der Säbener Straße ein paar Worte an die Mannschaft, der er nun als Sportdirektor vorsteht. „Sehr positiv“hätten die Spieler reagiert, berichtete er vergnügt, „ich kenne ja alle“. Und sie ihn.
Ihn, den Brazzo, das „Bürschchen“, so sein Spitzname. Ausgestattet mit einem Vertrag bis 30. Juni 2020.
Seit Januar war der 40-Jährige Botschafter des Vereins, nun Sportdirektor – so schnell kann es gehen. „Bei Hasan ist jedes Glas immer halbvoll“, erklärte Karl-Heinz Rummenigge und verriet damit nicht die Trinkgewohnheiten, sondern das Selbstverständnis des Job-Novizen. Bayerns Vorstandsboss hat genau beobachtet: „Auf unserer Asien-Reise war Hasan wohl der Einzige, der immer gute Laune hatte.“Also schlug er den Mann Präsident Uli Hoeneß vor – und bingo. Schließlich war es Hoeneß, der den jungen Kerl ab Beginn seiner Spielerkarriere in München 1998 immer sehr geschätzt hat. „Alle lobten ihn. Ich habe eine Nacht darüber geschlafen und dann hat es Klick gemacht“, berichtete Hoeneß. Salihamidžic präsentierte die Marke Brazzo so perfekt, dass er schnell befördert wurde.
Nicht Philipp Lahm, nicht Max Eberl – der Auserwählte im dritten Anlauf ist also Salihamidžic. Nur dritte Wahl als Nachfolger von Matthias Sammer? Seit dessen Abschied im Juli 2016 war der Posten vakant. Für den Neuen „kein Problem“, für die Bosse der Anlass einiges klarzustellen: „Die Tür für Philipp steht weiter auf, aber Hasan ist nicht der Platzwarmhalter für Philipp“, so Rummenigge. Und Hoeneß sagte: „Lahm und Eberl waren die Einzigen, mit denen wir uns wirklich beschäftigt haben. Mit Max Eberl habe ich sehr sympathisiert. Aber jetzt bin ich mit der Lösung sehr, sehr zufrieden.“Mit der Lösung blutiger, aber wissund erfolgsbegieriger Anfänger. Hat nicht auch Hoeneß nach dem verletzungsbedingten Ende seiner Laufbahn 1979 das Jobprofil des Bundesliga-Managers erfunden? Solche (Helden-)Geschichten lieben sie an der Säbener Straße. Phönix aus der Asche.
Oder von ganz unten nach ganz oben. Während des Bosnienkriegs 1992 schickten die Eltern den damals 15-jährigen Salihamidžic zu Verwandten nach Hamburg. Alleine. Er kam in die Jugendabteilung des HSV, setzte sich durch. Wurde Profi. Dann: Neun Jahre FC Bayern, vier Jahre Juventus, zum Ende der Karriere VfL Wolfsburg. Später Unternehmer, ZDF-Experte, Markenbotschafter. Fünf Jahre kickt er schon nicht mehr. Er golft jetzt. Künftig nicht mehr so oft. „Ich werde 24 Stunden, sieben Tage die Woche für die Spieler da sein“, sagte Salihamidžic, „es ist ein Traumjob, mir war sofort klar, dass ich das machen möchte.“Sein Vorteil: „Ich kenne Bayern, alle Strukturen im Club.“Seine Einstellung ist sein Bonus: „Ich habe als Spieler immer 100 Prozent gegeben, das will ich nun auch als Sportdirektor. Leistung bringen. Gas geben.“Noch ganz der Spieler.
„Kein Aufpasser für Ancelotti“
„Bindeglied“soll Salihamidžic sein, so Rummenigge. Zwischen dem Vorstandsboss, dem er unterstellt ist, und etwa Kaderplaner Michael Reschke, dessen Vorgesetzter er nun ist. Der Neue soll bei Spielen auf der Bank und bei Vertragsverhandlungen mit am Tisch sitzen. Hoeneß schrieb ihm hinter die Ohren: „Man muss vor dem Spiel, in der Pause, nach dem Spiel in der Kabine sein. In diesem Geschäft muss man viele Dinge aus dem Bauch heraus entscheiden.“Learning by doing.
Damit aus dem Bürschchen bald ein Herr Sportdirektor wird. Nicht ohne Druck. Den gab es neben viel Honig natürlich auch von Hoeneß. „Es ist eine extrem wichtige Position. Wir brauchen einen Mann, der das Vertrauen der Fans und unser Vertrauen hat, eine gute Stimmung schafft“, sagte der Präsident. Denn: „Der FC Bayern muss einen neuen Weg finden. Zurück zu den Wurzeln, wir müssen unser neues Nachwuchsleistungszentrum forcieren.“
Rummenigge betonte dann noch: „Er ist kein Aufpasser für Carlo Ancelotti, aber jemand, der eben bei jedem Training ist.“Jener Ancelotti reagierte auf die Verpflichtung seines Nicht-Aufpassers am Montag ähnlich wie Wochen zuvor auf die Ankunft seines neuen Co-Trainers und Nicht-Aufpassers Willy Sagnol. „Es hat letzte Saison nichts gefehlt. Wir werden gut zusammenarbeiten und er wird versuchen, die Mannschaft zu verbessern.“