Lindauer Zeitung

Getöteter Türsteher soll Schlimmere­s verhindert haben

Hells-Angels-Mitglied lädt zur Beerdigung von Ramazan Ö. – Security-Mitarbeite­r erhebt Vorwürfe gegen Polizei

- Von Kerstin Conz und Andreas Müller

KONSTANZ - Der bei der Konstanzer Disco-Schießerei in der Nacht zum Sonntag getötete Türsteher Ramazan Ö. hat womöglich Schlimmere­s verhindert. Dies behauptet Björn E., ein früherer Kollege und Freund des Opfers. Er schreibt auf Facebook, dass Ramazan Ö. sich dem Täter „mit echtem Heldenmut entgegenge­stellt“habe. Bei Björn E. handelt es sich um ein Mitglied der Rockergrup­pe Hells Angels. Auch die Staatsanwa­ltschaft prüft, ob Ö. Menschenle­ben gerettet hat. Unterdesse­n erhebt ein anderer Security-Mitarbeite­r der Diskothek schwere Vorwürfe gegen die Polizei.

Während der Täter im Inneren des Clubs mit einem Sturmgeweh­r geschossen habe, so der Mann zu Reportern des Konstanzer „Akzent-Verlags“, hätten zwei Streifenwa­genbesatzu­ngen unmittelba­r vor dem Club in ihren Autos ausgeharrt. Seine Darstellun­g unterschei­det sich deutlich von Angaben von Polizei und Innenminis­terium, die bereits am Sonntag den Erfolg der polizeilic­hen Taktik der schnellen Interventi­on hervorgeho­ben hatten. „Diese Einschätzu­ng hat auch weiterhin Bestand“, teilte ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Konstanz auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. Allerdings, so der Sprecher, sei der Einsatz noch längst nicht abschließe­nd aufgearbei­tet.

Laut Staatsanwa­ltschaft soll es vor den Schüssen zu einem Streit zwischen dem Angreifer und SecurityMi­tarbeitern gekommen sein, weil ihm der Zugang zur Disco verwehrt wurde. Vorher habe der 34-Jährige die Diskothek auf Anordnung seines Schwagers, der im Auftrag der Betreiberf­irma den Club führte, verlassen müssen. Der Schütze habe darin randaliert. Daraufhin habe er sich mit einem Taxi nach Hause fahren lassen und die Waffe geholt. Anschließe­nd habe er den Fahrer gezwungen, ihn zurückzubr­ingen, heißt es in einer Pressemitt­eilung von Polizei und Staatsanwa­ltschaft.

Auf dem Parkplatz vor der Diskothek feuerte der Mann die ersten Schüsse ab, berichtete­n Augenzeuge­n der Polizei. Kurz darauf gab er auch im Eingangsbe­reich mehrere Schüsse ab. Der Türsteher wurde ins Gesicht getroffen, vier Personen erlitten zum Teil schwere Verletzung­en. Ein verletzter Disco-Besucher hatte sich erst am Montag bei der Polizei gemeldet.

Ob der getötete Türsteher dem Schützen tatsächlic­h entgegenge­treten ist und ihn so am Betreten des Innenraums gehindert hat, wie Björn E., der unter „Björn Affa“auf Facebook schreibt, behauptet, ist laut Staatsanwa­ltschaft noch unklar. „Ich schließe es nicht aus“, sagte der Leitende Staatsanwa­lt Johannes-Georg Roth der „Schwäbisch­en Zeitung“. Genaues könne man aber noch nicht seriös sagen. Ebenfalls noch unklar ist, wie der Täter an die Kriegswaff­e kam. „Die Herkunft der Waffe ist weiter unklar“, so Roth. Spezialist­en sind noch dabei, die Waffe zu untersuche­n.

Die Beisetzung von Ramazan Ö. findet am Donnerstag auf dem Hauptfried­hof statt. Dazu hat Björn E. im Namen der Familie und der Kinder über Facebook eingeladen.

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FOTO: DPA Auch am Dienstag war die Anteilnahm­e groß.

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