Gehalt für Mangel an Pflegefachkräften nicht entscheidend
In Pflegediensten und Heimen starten Fachkräfte mit mehr Bruttolohn als Kaufleute oder Automechaniker
LINDAU (ee) - Pflegeheime wie auch ambulante Pflegedienste kämpfen seit Monaten mit einem Thema: Sie finden nicht genug Pflegefachkräfte. Mit seinem Satz „zahlt die Leute anständig“wollte der Stadt- und Kreisrat Max Strauß auf nach seiner Ansicht eine der Ursachen für den aktuellen Pflegenotstand hinweisen. Für Pflegeprofis wie den Lindauer Heimleiter Klaus Höhne und den Sozialstationsleiter Gerhard Fehrer ist Geld jedoch nicht ausschlaggebend dafür, dass es viel zu wenig Pflegekräfte gibt: Fachkräfte erhielten Jahresgehälter zwischen 40 000 und fast 47 000 Euro. „Ganz ehrlich, wenn das wenig ist, dann weiß ich auch nicht“, sagt Fehrer.
Die Verantwortlichen der Seniorenund Pflegeheime sorgen sich schon länger, wie sie ausreichend Pflegefachkräfte finden können. Mittlerweile ist der Fachkräftemangel auch für so manchen ambulanten Pflegedienst ein Problem: Das Lindauer BRK beispielsweise kann deshalb keine zusätzlichen Patienten aufnehmen. Dass sich immer weniger Menschen für eine Ausbildung oder Arbeit im Pflegebereich interessieren, wird oft mit dem Verweis auf die angeblich schlechte Bezahlung begründet.
Das sehen die beiden Pflegeexperten ganz anders. Höhne ist sowohl verantwortlich für das Hospital als auch das städtische Altersheim Reutin. „Beide Häuser zahlen nach Tarif“, schildert Höhne und schickt eine Gehaltstabelle für den öffentlichen Dienst mit. Ein Pflegehelfer startet nach seiner Aussage mit einem monatlichen Bruttolohn von 2100 Euro und könne je nach Berufserfahrung bis zu 2700 Euro verdienen.
Hat eine Pflegekraft eine dreijährige Ausbildung absolviert, dann liegt nach Höhnes Aussage das Anfangsgehalt bei brutto gut 2600 Euro und steige mit den Jahren auf fast 3300 Euro. Und eine Pflegedienstleitung starte mit einem Brutto-Anfangsgehalt von monatlich 3200 Euro, könne nach etwa zehn Jahren sogar an die 4000 Euro im Monat verdienen.
Weihnachtsgeld sowie Zulagen für Nachtdienst, Feiertags- und Sonntagsarbeit kämen zu diesen Beträgen noch hinzu.
Ähnliche Daten liefert der Geschäftsführer der Lindauer Sozialstation, Gerhard Fehrer: „Unsere Fachkräfte verdienen im Jahr zwischen 40 000 und knapp 47 000 Euro“, schreibt er der LZ. Dabei liege das Tarifsystem der ökumenischen Sozialstation „ungefähr in der Mitte bei den Wohlfahrtsverbänden“. Die Behauptung, in der Pflege „würde sooo schlecht bezahlt werden, ist ein hartnäckiges Klischee“, steht für Fehrer fest.
Natürlich kein Vergleich mit der Industrie
Natürlich könne man die Gehälter in der Pflege nicht mit den Verdienstmöglichkeiten in der Industrie vergleichen, ist dem Geschäftsführer klar.
Wobei auch bei einem Industriemechaniker beispielsweise das monatliche Anfangsgehalt zwischen 2300 und 2500 Euro liegt, wie im Internet nachzulesen ist. Einzelhandelskaufleute starten zumeist mit 1500 bis 2200 Euro, Kfz-Mechatroniker teilweise mit unter 2000 Euro brutto. „Ein Auszubildender in der Pflege hat mehr als 1000 Euro im Monat – hier lohnt sich ein Vergleich mit anderen Berufen“, ist Fehrer überzeugt.
Der Heimleiter Klaus Höhne kennt unterdessen die andere Seite: Auch in den Pflegeschulen blieben viele Plätze mittlerweile leer.