Gerhard Ecker beklagt „unerträgliche Polarisierung“
Der OB spricht im LZ-Interview über den Bürgerentscheid, seinen 60. Geburtstag und die OB-Kandidatur
LINDAU - Das Klima in der Stadt beschäftigt Oberbürgermeister Gerhard Ecker. Dies gerade nach dem jüngsten Bürgerentscheid. Darüber hat er im LZ-Interview ebenso gesprochen wie über die verschiedenen Großprojekte, seinen bevorstehenden 60. Geburtstag und den FC Augsburg. Außerdem sagt Ecker, dass er sich fit fühle für eine weitere Amtszeit, aber noch nicht entschieden habe, ob er nächstes Jahr wieder antritt.
„Mich beschäftigt die unerträgliche Polarisierung in der Stadt“, sagt Ecker im Gespräch mit der LZ. Dafür macht er „Bürgerentscheid-Profis“verantwortlich: „Die holen ganz schnell die nötigen Unterschriften und schrecken dabei auch vor Unwahrheiten, Diffamierungen oder Verleumdungen nicht zurück.“Der OB berichtet von einer Vielzahl übler Vorfälle: „Wie viele beleidigende E-Mails wir in den vergangenen Wochen bekommen haben... Das übertrifft alles bisher Dagewesene.“Ecker beklagt einen „erheblichen Grad an Verwahrlosung der Sitten“auch in Folge der „asozialen Medien“. „Gelogen wurde schon immer, aber das hat eine neue Qualität.“Daraus zieht der Oberbürgermeister für sich persönlich Konsequenzen: „Wer so mit Menschen umgeht, wer so die Wahrheit verdreht, der ist für mich kein adäquater Gesprächspartner mehr.“
Andererseits sieht Gerhard Ecker ein steigendes Vertrauen vieler Bürger in die Arbeit von Verwaltung, Stadtrat und Oberbürgermeister. Das zeige das deutliche Ergebnis der Abstimmung über die Therme: „Denn die Bürger haben dem gefundenen Kompromiss mit ebenso großer Mehrheit zugestimmt wie die Stadträte.“Vor diesem Hintergrund sei er vor der Entscheidung beim Bürgerentscheid zwar angespannt gewesen, „aber ich habe doch immer darauf vertraut, dass die Vernunft der Lindauer siegt“.
Das spüre er auch an anderer Stelle: Denn natürlich seien die Beeinträchtigungen durch die Baustellen lästig, aber eben auch nötig, damit sich in Lindau was bewegt. Und das sehen offenbar viele Bürger genauso, denn die Zahl der Beschwerden halte sich in Grenzen: „Die Lindauer zeigen ein vergleichsweise großes Verständnis für die unvermeidlichen Belastungen.“Zudem habe der Ärger nicht auf das Ergebnis des Bürgerentscheids durchgeschlagen.
Ecker erklärt im Interview außerdem, warum Kostensteigerungen und Verzögerungen bei Großprojekten kaum vermeidbar seien und dass er deshalb umso zufriedener ist, dass die Arbeiten im Langenweg sogar schneller ablaufen als erwartet. Teurer werde es aber wohl auch dort. Wichtigstes Verkehrsprojekt nach Parkhaus, Unterführung und Thierschbrücke werde die Tiefgarage am Beverplatz. Zum Berliner Platz hat der OB eine klare Meinung: „Da lege ich mich fest: Wir werden am Berliner Platz in den nächsten Jahren keinen Tunnel bauen.“
Angesichts des bevorstehenden 60. Geburtstags befasst sich Ecker „auf einmal mit der Gesundheit und dem Ruhestand“. Wer nun glaubt, dies seien Signale dafür, dass Ecker bei der OB-Wahl zu Beginn des kommenden Jahres nicht antritt, sieht sich getäuscht: „Ich kann Ihnen schon sagen, dass ich mich fit genug fühle für dieses Amt.“Ob er nochmal antritt, stehe aber noch nicht fest, das hänge vor allem von der Familie ab.
„Wer so mit Menschen umgeht, wer so die Wahrheit verdreht, der ist für mich kein adäquater Gesprächspartner mehr.“OB Gerhard Ecker