Arbeitsmarkt geht mit 2,1 Prozent in die Ferien
Agentur richtet Blick derzeit vor allem auf die Vermittlung von älteren Erwerbslosen
LINDAU - Susanne Müller-Koberstein ist sehr zufrieden: Ende Juli sind im Landkreis Lindau nur noch 902 Frauen und Männer arbeitslos gemeldet gewesen. Das sind 20 weniger als vor vier Wochen und sogar 159 weniger als noch vor einem Jahr. Im Gegenzug gibt es noch mehr freie Stellen: Die Betriebe und Unternehmen im Kreis suchen derzeit über 1280 neue Mitarbeiter. Und da haben inzwischen auch ältere Kräfte über 55 Jahre wieder ganz gute Karten, eine neue berufliche Aufgabe zu finden, stellt die Leiterin der Lindauer Arbeitsagentur fest.
Knapp ein Viertel der derzeitigen Arbeitslosen hat den 55. Geburtstag schon hinter sich. Verlor jemand mit Mitte/Ende 50 seine Stelle, dann hieß das in der Vergangenheit oft viel Geduld mitbringen und viele Bewerbungen schreiben, um wieder im Berufsleben Fuß fassen zu können. Das Blatt scheint sich jetzt zu wenden, beobachten Müller-Koberstein und ihre Kollegin Katja Thiele vom Arbeitgeberservice der Agentur: „Es gibt inzwischen Firmen, die bevorzugt sogar ältere Mitarbeiter einstellen wollen – weil sie diese für zuverlässiger halten und als loyaler erleben“, schildert Thiele im Gespräch mit der LZ.
Die Agenturmitarbeiterin weiß, dass Menschen mit Ende 50 nicht unbedingt alle Voraussetzungen mitbringen, die Firmen heute von ihrem Personal erwarten. So stelle die Digitalisierung der Arbeitswelt für so manchen Älteren eine Hürde dar.
Da biete die Agentur jedoch Kurse bei den verschiedenen Bildungsträgern im Landkreis an: Die sollen diesem Personenkreis die Scheu vor der Arbeit mit Computern nehmen. Katja Thiele „Da lernen die Betroffenen auch, wie sie sich selbst in der digitalen Welt besser vermarkten können“, so Müller-Koberstein.
Dabei sind es keineswegs nur unund angelernte Kräfte, die entlassen werden, weiß die Agenturleiterin: „Das ist ein bunter Mix: Da sind Helfer genauso betroffen wie Facharbeiter oder sogar Akademiker.“Thiele setzt bei der Vermittlung dieser Menschen sowohl auf deren persönliche Stärken als auch auf ihre eigenen guten Kontakte zu den Unternehmen: „Es ist wichtig, dass du deine Arbeitgeber gut kennst.“
Vielfach neue Chancen für Endfünfziger
Und dann gebe es auch für Endfünfziger durchaus neue berufliche Chancen – ob im Landschaftsbau, in der Wäscherei, am Empfang und an der Kasse oder in einer Steuerkanzlei. „Nur im Einzelhandel wird es schwieriger“, weiß Thiele: Dort müsse zum Beispiel im Lebensmittelbereich körperlich schwere Arbeit beim Einräumen der Regale geleistet werden, „da spürt man dann schon eine Altersgrenze“. In der Gastronomie hingegen wüssten die Arbeitgeber die Erfahrung älterer Kräfte zu schätzen.
Gerade für Letztere sieht MüllerKoberstein übrigens neue Chancen, wenn in gut einem Jahr der Ferienpark bei Leutkirch eröffne: „Für diesen Standort sucht Centerparks rund 650 neue Mitarbeiter“, weiß die Lindauer Agenturleiterin: „Und das werden keine Saisonstellen sein, sondern unbefristete Verträge.“
„Nur im Einzelhandel wird es schwieriger – da spürt man schon eine Altersgrenze.“