Macron sucht die Zauberformel
Das französische Parlament hat grünes Licht für die Arbeitsmarktreform gegeben
PARIS - Sechsmal ist Philippe Martinez in den vergangenen Wochen im Büro von Premierminister Edouard Philippe gewesen und sechsmal kam der schnauzbärtige Gewerkschaftsboss enttäuscht heraus. „Sie haben entschieden, das Arbeitsgesetz zu zerstören, damit die Beschäftigten weniger Rechte haben“, sagte der Chef der Gewerkschaft CGT nach dem vorerst letzten Treffen vergangene Woche. Zu „99 Prozent“sei er deshalb gegen die Reform des Arbeitsrechts, die diese Woche ihre erste Hürde im Parlament nahm. Beide Kammern stimmten für einen Text, der es Präsident Emmanuel Macron erlaubt, die Reform der „loi de travail“per Verordnungen durchzusetzen. Damit sollen die Unternehmen schnell mehr Freiheiten erhalten, um so mehr Arbeitsplätze zu schaffen, lautet das Kalkül. Denn Frankreich kämpft seit Jahren mit einer Massenarbeitslosigkeit, deren Quote bei knapp zehn Prozent liegt.
Macron hofft nun mit seinem ersten großen Reformvorhaben auf einen ähnlichen Effekt wie den der Arbeitsmarktreformen von Gerhard Schröder 2003. „Die Strategie der französischen Regierung besteht nicht darin, den großen Wurf zu landen, sondern in vielen kleinen Schritten an vielen Schräubchen zu drehen“, kommentiert Dominik Grillmayer vom deutsch-französischen Institut in Ludwigsburg. „Den Big Bang wie bei den Hartz-Reformen gibt es damit nicht, aber das Gesetzesprojekt könnte das Arbeitsrecht in Frankreich gehörig verändern.“
Darauf warten die Unternehmer schon ungeduldig. „Die Regierung versucht, die Dinge zu vereinfachen. Das ist ein unbestreitbarer Fortschritt“, sagt Edouard Pinon, Chef der Sozialabteilung bei Bosch France. „Es geht in die richtige Richtung, aber es ist keine Zauberformel.“Erstmals sind Unternehmer und Gewerkschaften von Anfang an dabei.
In groben Zügen sind die Pläne der Regierung bereits bekannt. So sollen Abfindungen nach Entlassungen gedeckelt werden. Außerdem sollen die Mitarbeitervertretungen in den Betrieben zusammengelegt und betriebsbedingte Kündigungen erleichtert werden. Gleich mehrere Maßnahmen laufen auf eine Beschneidung der Macht der Gewerkschaften heraus: Betriebsvereinbarungen sollen künftig beispielsweise über die Arbeitszeit entscheiden und Unternehmen sollen ihre Mitarbeiter direkt befragen können.
„Jedes Unternehmen bekommt sein eigenes Arbeitsgesetz. Damit raubt man 18 Millionen Arbeitnehmern ihre sozialen Rechte“, kritisiert der Abgeordnete Adrien Quatennens von der Linkspartei La France Insoumise, die zusammen mit Sozialisten und Kommunisten gegen das Gesetz stimmte.