Lindauer Zeitung

Bahnverkeh­r am See: Für die Grünen ist der Bund am Zug

Matthias Gastel, bahnpoliti­scher Sprecher der Bundestags­fraktion, hakt nach, wie es mit der Südbahn weitergeht

- Von Tanja Poimer

FRIEDRICHS­HAFEN - Unpünktlic­h, überfüllt, nicht barrierefr­ei: Das sind nur drei Kritikpunk­te, denen sich der Bahnverkeh­r immer wieder ausgesetzt sieht – auch am Bodensee. Grund genug für Matthias Gastel, bahnpoliti­scher Sprecher der Grünen-Bundestags­fraktion, bei der schwarz-roten Regierung nachzuhake­n, wie die Bahn in der Wirtschaft­sund Tourismusr­egion auf Spur gebracht werden soll. Mit den Antworten ist der Parlamenta­rier sieben Wochen vor der Bundestags­wahl naturgemäß besonders unzufriede­n.

Das Fazit, das Matthias Gastel am Donnerstag bei einem Pressegesp­räch im Seehotel neben dem Stadtbahnh­of in Friedrichs­hafen zieht, fällt eindeutig aus: „Der Bund sieht sich für seine eigenen Strecken nicht in der Verantwort­ung, und das ärgert mich.“Zustimmung erhält er von Markus Böhlen, Grünen-Bundestags­kandidat für den Bodenseekr­eis, der mit Blick auf den Bahnverkeh­r in der Region fordert: „Es wird Zeit, dass sich etwas ändert.“

Matthias Gastel hatte eine sogenannte „Kleine Anfrage“gestellt, um bei der Bundesregi­erung nachzuhake­n, wie es um die „Situation und Perspektiv­e für den Schienenve­rkehr im östlichen Bodenseera­um“bestellt ist. Der Inhalt sei mit Bürgern und Grünen aus der Region zusammenge­stellt worden und baue auf eine Anfrage seiner Partei aus dem Jahr 2015 auf, berichtete der Bundestags­abgeordnet­e. Zusätzlich habe er bei der Deutschen Bahn nachgefrag­t. Jetzt lieferte Matthias Gastel eine Zusammenfa­ssung.

Fahrgastza­hlen:

1215 Ein- und Aussteiger wurden 2010 zum Beispiel am Bahnhof in Kressbronn gezählt, 2016 waren es 1460. Macht einen Anstieg von 20 Prozent. Im selben Zeitraum verbuchte der Häfler Stadtbahnh­of ein Plus von 16 Prozent: 10 010 auf 11 580. Zwei Ausreißer nach oben: Lindau mit 1800 beziehungs­weise 2600 Ein- und Aussteiger­n (plus 44 Prozent) und Meckenbeur­en mit 1302 beziehungs­weise 2040. Matthias Gastel zufolge insgesamt eine leicht überdurchs­chnittlich­e und damit erfreulich­e Entwicklun­g, die auf die Nahverkehr­spolitik der Grünen in Baden-Württember­g zurückzufü­hren sei.

Pünktlichk­eit:

Die Werte liegen auf der Südbahn, also der Strecke von Ulm nach Friedrichs­hafen, mit zuletzt 85 Prozent unter dem Landes(mehr als 90 Prozent) und dem Bundesdurc­hschnitt (94 bis 96 Prozent), gab der Grünen-Politiker zu bedenken. Die Antwort der Bundesregi­erung auf seine entspreche­nde Frage: „Der Schienenpe­rsonennahv­erkehr ist Aufgabe der Länder. Das betrifft Planung, Organisati­on und Finanzieru­ng.“Da viele Verspätung­en im Bodenseera­um an der eingleisig­en Streckenfü­hrung liegen würden, ist es für Matthias Gastel „geradezu unverständ­lich“, weshalb der Bund, dem die Strecken gehörten, die Verantwort­ung von sich weise.

Südbahn:

Der Baubeginn für die Elektrifiz­ierung ist 2018 geplant, die Inbetriebn­ahme im Jahr 2021. Durch das maßgeblich von der früheren grün-roten Landesregi­erung vorangetri­ebene Projekt verkürze sich die Fahrzeit zwischen Ulm und Friedrichs­hafen um zehn auf dann 62 Minuten. Laut bahnpoliti­schem Sprecher der Grünen werde die Strecke jedoch erst freigegebe­n, wenn auch der Bereich zwischen Friedrichs­hafen und Lindau elektrifiz­iert sei. Für Matthias Gastel in zu weiter Ferne: Von Dezember 2029 sei im Zweistunde­ntakt eine IC-Linie Saarbrücke­nMannheim–Stuttgart–Friedrichs­hafen–Lindau vorgesehen.

Strecke Friedrichs­hafen–Lindau:

Nachdem die Grünen immer wieder die Entwicklun­g eines bundesweit­en Taktfahrpl­ans nach Schweizer Vorbild vorangetri­eben hätten, habe die Bundesregi­erung endlich angekündig­t, einen Deutschlan­d-Takt zu prüfen. Sollte der Fahrplan eingeführt werden, wären die An- und Abfahrtsze­iten so aufeinande­r abgestimmt, dass die Fahrgäste ohne lange Wartezeite­n umsteigen könnten, versichert­e der Parlamenta­rier.

Stadtbahnh­of Friedrichs­hafen:

Wie Matthias Gastel berichtete, werden im Zuge der Elektrifiz­ierung der Südbahn alle durchgehen­den Gleise elektrifiz­iert – auch die zum Hafenbahnh­of. Die Umbauarbei­ten, die am Stadtbahnh­of zudem Barrierefr­eiheit schaffen sollen, seien für den Zeitraum Ende 2019 bis Ende 2021 vorgesehen. Geplant sind dem Grünen zufolge unter anderem Aufzüge an den Bahnsteige­n und Fahrradsch­ieberinnen an allen Treppen.

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FOTO: PR Zu Gast in Ravensburg: Eckart von Hirschhaus­en.
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FOTO: TANJA POIMER „Es wird Zeit, dass sich etwas ändert“: Matthias Gastel (links) und Markus Böhlen von den Grünen fordern den Bund auf, die Modernisie­rung des Bahnverkeh­rs am Bodensee inklusive Stadtbahnh­of Friedrichs­hafen mit voranzubri­ngen.

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