Mesale Tolu drohen bis zu 15 Jahre Haft
Prozess gegen die Neu-Ulmer Übersetzerin soll im Oktober beginnen
ISTANBUL (dpa/AFP/mö) - Der in der Türkei inhaftierten deutschen Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu Corlu drohen bis zu 15 Jahre Gefängnis. Das meldete die regierungskritische Nachrichtenagentur Etha in Berufung auf Tolus Anwältin. Ihr werden Terrorpropaganda und Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen. Sie war in Istanbul am 30. April festgenommen worden. Ihr türkischer Ehemann war bereits Wochen zuvor inhaftiert worden.
Die Forderung der Staatsanwaltschaft ist ein Schock für Freunde und Familie: „Ein so hohes Strafmaß zu verlangen, ist entsetzlich. Das hat uns alle getroffen“, sagt der Sprecher des Solidaritätskreises, Baki Selcuk. Allen Beteiligten und Beobachtern müsse klar sein, welches System in der Türkei derzeit herrsche. „Dort herrscht Diktatur, die keine abweichende Meinung akzeptiert.“Die Anwältin, die die Akten zunächst lange Zeit nicht einsehen durfte, hat die Anklageschrift laut Selcuk als „Konstrukt der Polizei“bezeichnet, das von der Staatsanwaltschaft lediglich unterzeichnet worden sei und voller Widersprüche stecke.
Tolu besitzt nur die deutsche Staatsbürgerschaft – anders als der ebenfalls in der Türkei inhaftierte „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel, der sowohl deutscher als auch türkischer Staatsbürger ist. Sie wurde in Ulm geboren und hat ihren Hauptwohnsitz in Neu-Ulm. Tolu arbeitete als Journalistin und Übersetzerin für Etha in Istanbul. Der Prozess gegen sie soll am 11. Oktober beginnen.
Die Etha-Internetseite ist in der Türkei seit 2015 per Gerichtsbeschluss gesperrt, die Agentur arbeitet aber weiter. Die nächsten Haftprüfungstermine, die routinemäßig stattfinden, stehen in Tolus Fall am 22. August und dann wieder im September an.