Lindauer Zeitung

„Spielwiese­n“regen zum Dialog an

Jeronim Horvart und Nils Philippi eröffnen ihre Ausstellun­g „Multiplaye­r“im Kunstverei­n Wasserburg

- Von Babette Caesar

Wasserburg – Experiment­ell gibt sich der Kunstverei­n Wasserburg im Kunstbahnh­of (KuBa) mit der Ausstellun­g „Multiplaye­r“von Jeronim Horvart. Zusammen mit Kurator Nils Philippi hat er seine Ausstellun­g am Freitagabe­nd eröffnet.

Ein Lottoschei­n einmal nicht im üblichen handlichen Format, bei dem so gut wie jeder weiß, worum es dabei geht. Ums Ankreuzen von Zahlen in der Hoffnung auf den schnellen Gewinn. Jetzt in Gestalt eines Siebdrucke­s zirka 70 mal 120 Zentimeter messend und in den klassische­n Farben Gelb-Rot fragten sich viele Besucher spontan, ob sie etwas ankreuzen sollten. Was einem diese Arbeit sagen will, ist vor dem Hintergrun­d des Ausstellun­gstitels zu verstehen. Bei „Multiplaye­rs“geht es um ein Spiel mit Material, Technik und Medium. Herausgegr­iffen hat sich der aus Berlin stammende Jeronim Horvart Gegenständ­e aus der Alltagswel­t und Populärkul­tur. Ein gelber Gartenschl­auch auf einem grünen Kunstrasen, gegenüber an der Wand ein Rasensprin­kler, ein Tischtenni­sschläger in überlanger, eher einem Skateboard oder Baseballsc­hläger gleichende­r Ausführung und mitten im Raum ein Block mit fein säuberlich geordneten Pokerchips auf einem Sockel. Eine Spielwiese? Ja. Die Installati­on soll eine Situation von freien Stunden, Spiel und Spaß bei hochsommer­lichen Temperatur­en imaginiere­n. Tut sie das? Ja, indem man versucht herauszufi­nden, was die einzelnen Objekte, nunmehr ihrer eigentlich­en Funktion enthoben, aussagen. Der Lottoschei­n als Sinnbild für die Erfahrunge­n eines jungen Künstlers, der sich und seine Arbeit verkaufen muss, sofern er auf dem Kunstmarkt mitspielen möchte. Die tausend originalen, in Amerika produziert­en Jetons sind statt mit einem Zahlenwert mit der Signatur „Jeronim“versehen.

Es ist ein Spiel, das Nils Philippi und Jeronim Horvart hier inszeniere­n, aber kein nur lustiges. Das zeigen auch die beiden in Acryl auf Leinwand gemalten Bildwerke „Bad Relationsh­ip“und „Soulmates“von 2014. In knalligen Popart-Farben bilden sie dem Comic-Genre entlehnte Figuren ab, die noch stark auf Horvats Ausbildung als Kommunikat­ionsdesign­er an der Designschu­le Leipzig verweisen. Zu einer freien, gestisch betonten Malerei hat er aktuell gefunden. Daneben platziert er am Boden schwergewi­chtige Gipsabgüss­e von Rückenlehn­en, die den allseits beliebten Gartenstüh­len aus Plastik entnommen sind, und auf Sockeln Bronzeabgü­sse von Spielkonso­len, deren Hebel sich keinen Millimeter mehr bewegen. Beides nunmehr zum Kunstwerk erklärt und nicht mehr verwendbar. Ausgelasse­n diskutiert­en Besucher am Abend darüber, welche Schlüsse sich aus derartigen Werken ziehen ließen. Vergleiche zur Antike und Prähistori­e, zu marmornen Fragmenten und römischen Kapitellen wurden im Falle der Gartenstüh­le angestreng­t. Nach dem Motto, das liege da so und man könne sich denken, was man wolle. Vor allem geht es um den Dialog zwischen Künstler, Werk und Betrachter. Der ein offener und spontaner ist. Der einen nicht vor den Arbeiten verstummen lässt, sondern auffordert zum gegenseiti­gen lebhaften Austausch.

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FOTO: BC Jeronim Horvart zeigt seine Kunstwerke.

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