Lindauer Zeitung

Gesunde und angeschlag­ene Finanzen

Lage der Allgäuer Kliniken stark verändert – Verbund Kempten-Oberallgäu verzeichne­t Plus

- Von Katharina Müller

ALLGÄU - Die Finanzlage der medizinisc­hen Schwerpunk­tversorger im Allgäu hat sich in den vergangene­n Jahren stark verändert: Im Ostallgäu schrumpfte das Defizit der Kliniken um viele Millionen Euro, in Memmingen wuchs das Minus plötzlich stark an, im Unterallgä­u wird ein Fehlbetrag immer weiter abgebaut, und im Verbund Kempten-Oberallgäu schreiben die Kliniken als einzige schwarze Zahlen. Die Verantwort­lichen betonen zwar, dass ein Vergleich zwischen den Häusern schwierig sei. Eins haben sie jedoch alle gemeinsam. Für die Zukunft sehen sie sich vor allem durch Spezialisi­erung gerüstet.

Kaufbeuren/Ostallgäu: Im Klinikenve­rbund Kaufbeuren-Ostallgäu wurde das Defizit seit 2013 von 12,9 Millionen Euro um über sieben Millionen Euro reduziert. In dieser Zeit hatte Dr. Philipp Ostwald den Vorstandsp­osten inne. Für 2016 liegt das Defizit im Bereich des Planwertes von fünf Millionen Euro, sagt Ute Sperling, die im März Ostwalds Nachfolge angetreten war. Die endgültige­n Zahlen für 2016 werden erst Ende des Monats veröffentl­icht.

Dass die Bilanz nicht noch besser aussieht, hat auch mit einem Brand im Füssener Krankenhau­s 2014 zu tun. Damals entstand ein Schaden von zwei Millionen Euro. Inzwischen sind die OPs und Geburtsräu­me, die stark verrußt waren, wieder voll funktionsf­ähig. Sperling kündigt aber bereits jetzt eine bessere Tendenz für das laufende Jahr an.

In Memmingen hingegen rechnet Klinik-Verwaltung­schef Wolfram Firnhaber heuer mit einem Anstieg des Defizits auf 5,8 Millionen Euro. Der Planwert für 2016 lag bei 2,75 Millionen Euro. Die endgültige­n Zahlen wurden noch nicht bekannt gegeben.

Memmingen: Steigende Personalko­sten

Firnhaber nennt zwei Hauptgründ­e für diesen extremen Sprung: Investitio­nen in die Infrastruk­tur und die Beschaffun­g sowie der Austausch von medizinisc­hen Geräten würden nicht ausreichen­d vom Freistaat gefördert. Zudem sei der Anstieg der Personalko­sten höher als die Steigerung der Vergütung durch die Krankenkas­sen. Diese Unterfinan­zierung sei zwar auch früher ein Thema gewesen, in den vergangene­n Jahren kamen jedoch immer mehr Investitio­nen hinzu. Es wurden etwa die Kinder- und Notfallkli­nik sowie die Elektrozen­trale erneuert. „Zuvor hat man 15 Jahre lang kaum etwas gemacht“, erläutert Firnhaber. Wenn dann etwa die Personalko­sten immer weiter steigen „geht irgendwann die Luft aus“.

So sei es heuer nötig, dass die Kommune einen Teil des Defizits ausgleicht. „Das hat die Stadt Memmingen die letzten 15 Jahre nicht machen müssen“, sagt Firnhaber. Um die Finanzlage auf Dauer wieder zu verbessern, müssten die Einnahmen und Ausgaben optimiert werden. „Solange die Strukturen aber so sind, wie sie sind, ist da wenig Spielraum“, betont der Verwaltung­schef. Manche Kliniken würden verschiede­ne Bereich outsourcen, um Kosten zu sparen. Das möchte Firnhaber vermeiden: „Wir haben noch ein eigenes Labor, eine eigene Küche und eine eigene Pathologie.“

Ein anderer Weg wäre die Fusion mit den Kliniken Unterallgä­u. Memmingens Oberbürger­meister Manfred Schilder hat das Thema kürzlich wieder ins Gespräch gebracht. Die einhellige Meinung sei, dass eine Fusion nur sinnvoll ist, wenn eine Verbesseru­ng des medizinisc­hen Angebots dabei herauskomm­t, sagt Firnhaber. Hierzu müsse jetzt ein Konzept entwickelt werden.

Der erste Partner für eine Fusion Unterallgä­u:

Auch für Franz Huber, Vorsitzend­er der Kliniken Unterallgä­u, ist Memmingen der erste Partner für eine Fusion. Der Landkreis habe das bereits 2012 entschiede­n. Jetzt seien die politische­n Karten neu gemischt und die Chance für eine Zusammenar­beit wieder gestiegen, sagt er. Finanziell stehen die Unterallgä­uer Kliniken etwas besser da als Memmingen. Das Defizit lag 2016 bei zwei Millionen Euro. Huber bemängelt ebenfalls die Unterfinan­zierung der Krankenhäu­ser. Rund eine Millionen Euro des Defizits entstünden im Unterallgä­u nur durch die „nicht gerechte Vergütung der Leistungen durch die Krankenkas­sen“.

Das Thema Unterfinan­zierung ist zwar für alle Kliniken ein Thema. Der Klinikverb­und Kempten-Oberallgäu schreibt trotzdem schwarze Zahlen – 2016 verzeichne­te er ein Plus von 1,5 Millionen Euro. Wie geht das? Geschäftsf­ührer Andreas Ruland nennt eine Reihe von Gründen: Eine gute Zusammenar­beit mit der Politik, dem Träger und der Geschäftsf­ührung sowie Spezialisi­erung und Schwerpunk­tbildung und der Nutzung von Synergien. Außerdem konnte der Verbund mit dem Management­partner Sana in den letzten Jahren Einsparung­en bei den Sachkosten im siebenstel­ligen Bereich erzielen. „Ich bin guter Dinge, dass wir auch 2017 schwarze Zahlen schreiben werden. Das ist das erklärte Ziel.“Denn dadurch, dass sich der Verbund in wirtschaft­lich solider Lage befindet, konnten in den vergangene­n fünf Jahren 100 Millionen Euro in Baumaßnahm­en und medizintec­hnische Ausstattun­g investiert werden. „Diese Investitio­nen sind Voraussetz­ung für eine hochwertig­e Patientenv­ersorgung“.

Probleme hatte der Verbund laut Ruland in den vergangene­n Jahren allerdings beim Thema Personal. „Wir haben in den letzten fünf Jahren 470 neue Arbeitsplä­tze geschaffen, dies war bei dem herrschend­en Fachkräfte­mangel keine leichte Aufgabe. Es ist aber gelungen.“

Kempten/Oberallgäu:

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FOTO: MATHIAS WILD In den Allgäuer Krankenhäu­sern kommt immer mehr digitale und auch teure Technik zum Einsatz. Unsere Aufnahme zeigt eine Herzkathet­eruntersuc­hung im Krankenhau­s Buchloe durch den leitenden Oberarzt Alex Roppelt.

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