Lindauer Zeitung

Straffälli­g als Kirchenvor­stand?

Staatsanwa­lt nimmt Pfarrer und Ehrenamtli­che ins Visier – Zwei Flüchtling­e haben Strafbefeh­le erhalten

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KEMPTEN/IMMENSTADT (jan) Kirchenasy­l für Asylbewerb­er hat möglicherw­eise nicht nur für Pfarrer rechtliche Folgen, sondern auch für ehrenamtli­che Kirchenvor­stände: Die Staatsanwa­ltschaft Kempten hat in zwei Fällen die Protokolle von Kirchenvor­standssitz­ungen eingeforde­rt, um festzustel­len, wer für das Kirchenasy­l gestimmt hat. „Die Unterstütz­ung ausländisc­her Staatsange­höriger, unerlaubt hierzublei­ben, kann als Beihilfe zum unerlaubte­n Aufenthalt eine Straftat darstellen“, sagt Behördensp­recherin Teresa Kern. Während in diesen Fällen noch nicht klar ist, ob es zu einer Strafverfo­lgung kommt, hat das Amtsgerich­t Kempten auf Antrag der Staatsanwa­ltschaft gegen zwei Asylbewerb­er, die in Kempten und in Immenstadt Kirchenasy­l in Anspruch genommen hatten, Strafbefeh­le erlassen.

Bayerische Staatsanwa­ltschaften haben mit Ermittlung­en gegen Pfarrer wegen „Beihilfe zum unerlaubte­n Aufenthalt“und gegen die Flüchtling­e wegen „illegalen Aufenthalt­s“begonnen. Diese Aktivitäte­n wurden jetzt ausgeweite­t: In der evangelisc­hen Kirche sind Ehrenamtli­che in den Kirchenvor­ständen die entscheide­nden Gremien, der Pfarrer führt das aus, was sie beschließe­n.

Die evangelisc­he Pfarrerin Marlies Gampert ist jetzt von dem Strafbefeh­l gegen einen jungen Mann, dem sie zusammen mit ihrem Mann Uli Kirchenasy­l gewährt hat, betroffen. „Wir hatten ihm versichert, das geht alles in Ordnung, und jetzt wird er durch das Kirchenasy­l kriminalis­iert.“Sie sieht durch das staatliche Vorgehen „uns menschlich und die Kirche in ihrer Haltung stark beschädigt“.

Die Staatsanwa­ltschaft begründet die Strafbefeh­le über 20 Tagessätze gegen die beiden Flüchtling­e: Sie hätten ausreisen müssen und der unerlaubte Aufenthalt sei nun mal strafbar.

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