Lindauer Milchbauern blicken über den Tellerrand
Milchviehhalter informieren sich über die „Sichtweise einer neuseeländischen Molkerei auf das Marktgeschehen“
LINDAU (lz) - Der Bayerische Bauernverband hat die Lindauer Milchviehhalter bei einem Treffen des hiesigen Kreisverbands über den europäischen Milchmarkt informiert. Anna Zanker hat mehr als 20 Jahre in Neuseeland gearbeitet und ist seit vier Jahren im Auftrag der Molkerei Fonterra für den europäischen Markt zuständig. Sie hat den Milchviehhaltern in einem Vortrag die Situation der neuseeländischen Landwirtschaft vorgestellt. Ergebnis: Deutsche Bauern haben im Vergleich gewisse Wettbewerbsnachteile.
Neuseeland ist ein Agrarland und ein Großteil der Bevölkerung lebt von der Schafzucht beziehungsweise von der Viehhaltung. Im Durchschnitt werden auf einem Betrieb in Neuseeland 419 Kühe gehalten. Dies ist das Zehnfache im Vergleich zum bundesdeutschen Durchschnitt eines landwirtschaftlichen Betriebes, wie der Kreisbauernverband Lindau mitteilt. Aufgrund der klimatischen Situation sei eine ganzjährige Weidehaltung mit Grasfütterung möglich. Große Investitionen für Stallungen und Maschinen zur Einlagerung des Futters für die Winterfütterung seien deshalb nicht notwendig. 87 Prozent der produzierten Milch werden über die Molkerei Fonterra verarbeitet und weltweit vermarktet. Die restlichen 13 Prozent werden von kleineren Molkereien verarbeitet.
Chinesen brauchen mehr Fett
Aufgrund der niedrigen Einwohnerzahl und somit des geringeren Inlandsverbrauchs müssen 95 Prozent der Milchprodukte exportiert werden. Ins europäische Ausland wird nur eine sehr kleine Menge an Rohstoffen exportiert. Der größte Absatz und auch ein deutlich zunehmender Markt ist derzeit der chinesische sowie der wachsende Markt in Südostasien und Südamerika. Laut Zanker, ändern die Chinesen derzeit ihre Essgewohnheiten und stellen wie bei uns in Europa auf Fertigprodukte und Fastfood-Produkte um. Für die Herstellung dieser Produkte wird vor allem Fett benötigt, was wiederum eine hohe Nachfrage nach Butter, H-Sahne und -Käse in China bedeutet. Die Molkerei Fonterra liefert nicht nur Produkte ins Ausland sondern investiert in landwirtschaftliche Betriebe und Produktionsstätten in Ländern mit hoher Nachfrage nach Milchprodukten.
Die Durchschnittsgröße eines landwirtschaftlichen Betriebes in Neuseeland beträgt 147 Hektar und pro Hektar werden 2,9 Kühe gehalten. Der Milchpreis in Neuseeland lag bei der letzten Milchkrise 2015/16 bei etwa 22 Cent pro Liter. Der derzeitige Milchpreis liegt bei 33 bis 34 Cent pro Liter. Aufgrund der geringeren Festkosten, keine Stallbaumaßnahmen, keine Winterfutterlagerung und somit geringe Maschinenkosten, kann in Neuseeland billiger Milch produziert werden als in unserer Region was gewisse Wettbewerbsvorteile mit sich bringt.
Das Fazit dieser Veranstaltung ist: Der Milchmarkt ist ein Weltmarkt und wird auch in Zukunft großen Preisschwankungen unterworfen sein. Die Molkereien versuchen über Premiumprodukte ihre Absatzmärkte zu stabilisieren. Aufgrund der klimatischen Vorteile wird Neuseeland die ganzjährige Weidehaltung in der Zukunft als Premiumprodukt noch stärker herausstellen. Die steigende Weltbevölkerung und vor allem der asiatische Markt sind derzeit die Hoffnungsträger für stabile und steigende Milchpreise.