Bayern will verlängerte Grenzkontrollen
Ausnahmeregelung endet am 11. November – Bundesregierung kann neue Sondergenehmigung beantragen
MÜNCHEN/BRÜSSEL (lby) - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hält Grenzkontrollen innerhalb der EU auch wegen der Terrorgefahr für unabdingbar. „Zwar hat sich der Migrationsdruck durch Flüchtlinge in den letzten Monaten verringert. Die aktuellen Anschläge stellen aber gegenüber dem Jahr 2015 eine nochmals verschärfte und damit neue Lage dar, auf die Europa reagieren muss“, sagte der CSU-Politiker am Freitag in München.
Zuvor hatte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verärgert darauf reagiert, dass die EU-Kommission eine erneute Verlängerung der Ausnahmegenehmigung für Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ablehnt. Eine Kommissionssprecherin hatte am Donnerstag gesagt, die laufende Verlängerung der Sondergenehmigung bis zum 11. November sei die letzte.
„Das ist jetzt wieder so eine Sommeräußerung von irgendjemandem aus Brüssel“, sagte der CSU-Vorsitzende. „Das zeigt, wie wenig Bezug die zu den Befindlichkeiten der Bevölkerung haben.“So lange die europäischen Außengrenzen nicht wirksam geschützt würden, „kann man auf nationale Grenzkontrollen nicht verzichten“. Ähnlich äußerte sich Herrmann.
Inzwischen hat die EU-Kommission eine mögliche Lösung angedeutet. Nach Angaben einer Sprecherin könnte die Bundesregierung eine vollkommen neue Sondergenehmigung beantragen, um die Kontrollen fortsetzen zu können. Dafür müsste sie allerdings nachweisen, dass weiter eine ernsthafte Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt.
Die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze waren 2015 wegen des großen Flüchtlingszustroms über die Balkanroute entgegen der eigentlichen Reisefreiheit im Schengenraum genehmigt worden. Dort hat sich die Lage allerdings mittlerweile deutlich entspannt.
Argument Terroranschläge
Mit Blick auf die terroristischen Anschläge von Paris, Brüssel, Bayern, Berlin, Manchester und Barcelona sieht Herrmann nun aber ebenso „nachdrücklich die anhaltend hohe Gefahr durch islamistisch motivierte Gewalttäter auch für Bayern“bestätigt. „Die EU kann sich ihrer Verantwortung nicht entziehen und muss alle rechtlichen und faktischen Möglichkeiten nutzen, um gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten konsequent gegen den Terror vorzugehen“, sagte er.
Auch der Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden in der EU müsse unbedingt verbessert werden. So müssten etwa seit Mitte 2011 alle Mitgliedstaaten DNAund Fingerabdruckdateien europaweit zum Datenabgleich zur Verfügung stellen. Mitgliedstaaten wie Griechenland, Irland, Italien, Kroatien und Großbritannien hätten die dafür notwendigen Voraussetzungen aber bis heute nicht geschaffen.
„Die Binnengrenzkontrollen sind nur ein Notbehelf, solange der Außengrenzenschutz nicht gewährleistet ist“, machte Herrmann klar. Je wirkungsvoller die EU-Außengrenzen kontrolliert würden, desto weniger Kontrollen müssten an den Binnengrenzen sein.
Auch Bayerns Europaministerin Beate Merk, ebenfalls CSU, kritisierte: Die Forderung der EU-Kommission, die selbst gar nicht über die Fortsetzung der Kontrollen zu entscheiden habe, komme „absolut zur Unzeit und sendet ein völlig falsches Signal“. Die Freien Wähler im bayerischen Landtag sehen indes Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pflicht: „Frau Merkel muss sich unverzüglich bei der EU für eine Verlängerung der Grenzkontrollen einsetzen“, sagte Fraktionschef Hubert Aiwanger. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann kritisierte „die reflexhafte Europa-Kritik“der CSU. Er sprach auch von einer „durchsichtigen Masche, ein Provisorium an der deutsch-österreichischen Grenze als geniale Lösung für Sicherheitsprobleme zu verkaufen“.