Lindauer Zeitung

„Ich mag auch dem Publikum Freiheiten lassen“

„Multiplaye­r“geht am Sonntag zu Ende

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WASSERBURG - Nils Philippi ist 23 Jahre alt, hat vor Kurzem seinen Bachelor an der Zeppelin-Universitä­t in Friedrichs­hafen im Bereich Kulturund Kommunikat­ionswissen­schaften gemacht und in den Räumlichke­iten des Wasserburg­er Kunstverei­ns mit Arbeiten des Künstlers Jeronim Horvat unter dem Titel „Multiplaye­r“seine erste Ausstellun­g im Alleingang kuratiert. Die Finissage findet am Sonntag, 27. August, um 17 Uhr mit einem Künstlerge­spräch statt. Lena Reiner hat sich mit ihm getroffen und mit ihm über den Beruf des Kurators und Kunst an sich gesprochen.

Kunst zeigen statt Kunst machen: Wieso bevorzugen Sie diese Seite?

Ich bin schon ein kreativ denkender und handelnder Mensch, aber vollkommen unbegabt, was das Handwerkli­che angeht. Ich denke, es würde bei mir an der Umsetzung scheitern – egal, ob Malen, Töpfern oder Bildhauen. Außerdem reizt es mich mehr, an etwas weiterzude­nken, in dem schon ganz viel drinsteckt. Daher nehme ich lieber den zweiten Schritt in der Kette ein.

Was ist Ihre größte Herausford­erung als Kurator?

Bei zeitgenöss­ischer Kunst hat man es mit Künstlern zu tun, die noch leben. Das erfordert allem voran auch kommunikat­ives Geschick im Umgang mit ihnen und dabei gibt es kein Pauschalre­zept. Als Praktikant habe ich beispielsw­eise einen Künstler erlebt, der erschien beim Vorgespräc­h mit einem ausgedruck­ten 3D-Modell zur Ausstellun­g und hatte sogar am Computer ausprobier­t, welche Wandfarbe ihm am besten gefallen würde. Dann wieder gibt es Künstler, die deutlich offener herangehen. Es bleibt aber immer ein Aushandlun­gsprozess und letztlich ist Kuratieren auch eine Machtfrage. Schließlic­h entscheide letztlich ich, welche Werke gezeigt werden und auf welche Weise. Mein eigener Anspruch ist es dabei, so zu kuratieren, dass es demokratis­ch bleibt. Ich mag auch dem Publikum Freiheiten lassen.

Wie halten Sie es denn dann mit Texten zur Ausstellun­g und den Werken?

Am wenigsten halte ich davon, einfach wiederzuge­ben, was der Künstler zu seinem Werk sagt. Schließlic­h steckt das, was er sagt, bereits in dem Werk selbst. Das wäre nur redundant.

Grundsätzl­ich glaube ich, dass Werke für sich sprechen müssen. Gleichzeit­ig denke ich, dass gute Kunstwerke die Balance zwischen sinnlicher Wahrnehmun­g und Inhalt auszeichne­t. Leider wird in der heutigen durchratio­nalisierte­n Welt oft allein mit dem Verstand an Kunst herangetre­ten. Die Texte an der Wand werden zuerst gelesen und das Verstehen steht im Vordergrun­d. Daher finde ich es wichtig, in den Texten nicht zu Vieles festzunage­ln. Ich mag den Besuchern nicht die Möglichkei­t nehmen, selbst eine Erfahrung zu machen. Schließlic­h ist so ein Text auch immer nur die Sicht eines einzelnen Menschen und jeder kann ihn in Frage stellen.

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FOTO: LENA REINER Nils Philippi

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