Löw-Liebling ohne Lobby
Timo Werner kehrt als DFB-Stürmer Nummer 1 in seine alte Heimat zurück
STUTTGART (SID/sz) - Timo Werner weiß, was ihn erwartet. „Ich freue mich auf Stuttgart“, sagte der Nationalstürmer vor der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte (zum WM-Qualifikationsspiel gegen Norwegen 20.45 Uhr/RTL) , „auch wenn da irgendwelche Pfiffe kommen, das ist mir relativ egal. Ich spiele mein Spiel.“
Das tut das einstige Stuttgarter Wunderkind inzwischen so erfolgreich, dass er zunter Bundestrainer Joachim Löw um Stürmer Nummer 1 aufgestiegen ist. Dass Löw beim 2:1 (1:0) in Tschechien am Freitag auf das Confed-Cup-Duo in der Spitze Spitze aus Werner und Wusler Lars Stindl setzte und Mario Gomez nur auf der Bank saß, sprach Bände.
Löw fordert „fairen Umgang“
Vor Werners erstem Auftritt in Stuttgart als Profi von RB Leipzig appellierte Löw außerdem noch einmal eindringlich an die Fans in der ausverkauften Stuttgarter Mercedes-BenzArena, die „oberpeinlichen“Pöbeleien gegen seinen Stürmer Nummer 1 tunlichst zu unterlassen. „Das ist nicht fair, schon gar nicht mehr lustig“, sagte Löw. Werner spiele „mit größter Freude und Leidenschaft für Deutschland“, deshalb erwarte er, Löw, einen „fairen Umgang“.
Diesen hat Werner auch während seiner Zeit in Stuttgart nicht immer erlebt, wie er der „Süddeutschen Zeitung“sagte: „Abschluss, Schnelligkeit, Kopfball, das hatte ich immer, und das kam halt beim VfB nicht immer zum Tragen, entweder weil's falsch eingesetzt wurde oder weil ich es nicht gut gemacht habe.“Gerade die Trainer hätten mit Positionswechseln nicht gerade für Sicherheit beim Stürmer gesorgt: „Ich hatte nie eine klare Heimat auf dem Platz, und deshalb habe ich auch nur selten die Selbstverständlichkeit gefunden, die ich für mein Spiel brauche. Und wenn man dann noch als das Supertalent gilt, verkrampft man vielleicht erst recht. Das ist eben der große Unterschied zu Leipzig jetzt: Da hatten sie von Anfang an eine klare Idee von mir und meinem Spiel, und inzwischen kann ich sogar behaupten, dass man die Spielweise ein wenig auf mich zugeschnitten hat.“
Dennoch sei der VfB weiterhin in seinem Herzen: „Ich bin immer noch VfB-Fan, und ich schaue nach 14 Jahren im Club natürlich immer noch hin und freue mich, wenn sie gewinnen. Trotzdem gibt's da keine große Wehmut mehr: Ich habe den VfB verlassen und fühle mich nun in Leipzig sehr wohl.“
Und auch in der Nationalmannschaft zahlt er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht nur seit dem wichtigen Führungstreffer (4.) in Prag zurück. Löw lobte, der 21-Jährige habe sich als einziger Offensiver an seine taktische Marschroute gehalten. Dass die Mannschaft in der zweiten Halbzeit Probleme hatte, habe auch daran gelegen, dass aus der Angriffsreihe „alle entgegenkamen – bis auf Timo Werner, der als Einziger in die Tiefe ging“. Genau das ist die Qualität, die Werner anderen Kandidaten wie Mario Gomez oder dem diesmal nicht berufenen Sandro Wagner voraus hat, die als klassische Brechertypen eher über ihre Körperlichkeit kommen. Und wie Werner musste auch Gomez über Jahre mit Anfeindungen leben, es hat ihn demütiger gemacht. Er sei „nicht enttäuscht, überhaupt nicht“, sagte er über seine neue Reservistenrolle. Dennoch sei er „immer gerne bei der Nationalmannschaft, egal, ob ich spiele oder nicht. Wenn ich gebraucht werde, bin ich da, wenn nicht, dann nicht.“Auch Gomez meinte, „die (anderen) haben es gut gemacht“.
Vor allem Werner. „Stammplätze“, sagte der jedoch, „gibt es noch lange nicht, vor allem nicht für mich. Ich muss noch darum kämpfen.“
Das aber hat er längst gelernt. Der Fußball, hat er der „Süddeutschen Zeitung“gesagt, sei „eine Neidgesellschaft“. Und nicht jeder gönnt einem jungen Kerl von RB Leipzig den Status als Deutschlands Stürmer Nummer 1, der es selbst aber manchmal immer noch nicht so ganz glauben kann: „Jetzt sind erst mal die Gestandenen wieder dabei, und abends beim Essen staunt man manchmal schon noch, wer da neben einem sitzt. Das ist immer noch nicht selbstverständlich für mich.“